Im Oktober 2013 Jahres brachte ich einen Beitrag zum Thema Energy Drinks und deren Einfluss auf das Nervensystem (Dumm durch Energy Drinks, Kaffee & Cola? Riskanter Kick – vor allem für Jugendliche).
Was da von Seiten der Wissenschaft zu lesen war, war mehr als Grund genug, sich den „Genuss“ von diesen Getränken abgewöhnen zu wollen.
Jetzt legt die Radiologie der Universität Bonn nach und liefert einen weiteren Beitrag gegen den Konsum von Energy Drinks. Leider ist dieser Beitrag von einer Qualität, dass man sich diesen ebenfalls gerne abgewöhnen möchte…
Wenn die Wissenschaft mauert
Die Arbeit ist noch nicht offiziell veröffentlicht. Aber eine vorläufige Rezension auf PubMed (einer der größten medizinischen Datenbanken der Welt) fällt verhalten katastrophal aus: „Heart’s strain rate may be raised by energy Drinks“. Denn in der Arbeit, die die schädlichen Effekte von Energy Drinks belegen will, werden unglaublich viele Probanden, nämlich 18 an der Zahl, einem Herz-Scan unterzogen, der vor und nach dem Genuss von Red-Bull und Co. durchgeführt wurde. Die Messungen wiesen dann eine Erhöhung der Kontraktionsgeschwindigkeit des Herzmuskels nach.
Aber die erhoffte Erhöhung von Pumpvolumen, Herzfrequenz oder Blutdruck blieben aus. Der Beitrag ist merkwürdigerweise nicht mehr in PubMed aufrufbar (ncbi.nlm.nih.gov/pubmedhealth/behindtheheadlines/news/2013-12-03-hearts-strain-rate-may-be-raised-by-energy-drinks/), wird aber u.a. noch hier diskutiert: buxtonadvertiser.co.uk/nhs-news/heart-s-strain-rate-may-be-raised-by-energy-drinks-1-6293787)
Wertlose Veröffentlichung?
Da wir jetzt eine praktisch ergebnislose Untersuchung vor uns liegen haben, muss der akademische Geist angeworfen werden und dem Ganzen einen übergeordneten Sinn verleihen. PubMed fragt, wie die Autoren die Ergebnisse interpretieren? Antwort: Die Autoren haben feststellen können, dass Energy Drinks einen Kurzzeiteffekt haben.
Jetzt muss man nur noch 18 Leute lange genug saufen lassen, um einen Langzeiteffekt beobachten zu können. Aha – wer hätte damit gerechnet? Oder mit anderen Worten: Die Autoren haben so gut wie nichts festgestellt, was Grund ist, noch weiter zu machen.
PubMed dagegen stellt fest, dass diese Arbeit mehr Fragen stellt als sie beantwortet. Außerdem ist die Qualität der Arbeit nicht einsehbar und zudem ist sie noch nicht durch das Peer-Viewing abgesichert, was die wissenschaftliche Beurteilung einer Veröffentlichung durch Experten bedeutet. Für mich, obwohl ich mich nicht zu den Experten zähle, scheint die Arbeit keinen Schuss Pfeffer wert zu sein, da die Autoren sich zu Annahmen versteigen, wie „Die Menge an Koffein in den Energy Drinks ist bis zu dreimal höher als in Kaffee oder Cola“.
Und dann kommt der notwendige Hinweis, wie schädlich Koffein demnach auf Herzfrequenz, Blutdruck und so weiter sei. Diese Aussage ist schlicht und ergreifend falsch. In meinem oben zitierten Artikel weise ich darauf hin, dass eine Dose Red-Bull 80 Milligramm Koffein enthält. Und drei bis vier Becher Kaffee enthalten 300 bis 400 Milligramm Koffein – also 100 Milligramm pro Becher.
Von welchem Energy Drink also reden die Bonner Radiologen eigentlich? Sind diese „Wissenschaftler“ wirklich nicht in der Lage, den wirklichen Inhalt an Koffein in Energy Drinks und Kaffee zu bestimmen und zu vergleichen? Oder habe ich das alles falsch verstanden?
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Der PubMed-Schluss
PubMed kommt gleich zu mehreren Schlüssen: Es sagt, dass in erster Linie die Arbeit nicht in der Lage ist zu bestimmen, welche Effekte Energy Drinks bei Leuten haben, die an einer Herzerkrankung leiden. Weiter ist die Arbeit nicht in der Lage zu sagen, ob Energy Drinks überhaupt schlecht für das Herz-Kreislauf-System sind.
Bestenfalls könnte man sagen, dass Menschen mit Herzproblemen die Finger von den Sachen lassen sollten. Aber dafür braucht niemand diese Studie. Zu der Frage, welche Antworten die Arbeit beisteuern kann, darüber schweigt sich PubMed aus, da es keine Aussagen zu geben scheint.
Aber mittlerweile gibt es ja auch:
Neuere Befunde – Herzinfarkte durch Energy-Drinks?
Eine Studie vom November 2018 belegt die gefährlichen Akut-Risiken der Energy-Drinks. Dr. John Higgins von der McGovern Medical School an der UTHealth in Houston unternahm dazu einen Versuch mit 44 gesunden Medizinstudenten. Seine Schüler mussten 0,7 l eines Energy-Drinks trinken, um die Wirkung auf die Durchblutung zu testen. Vor und 1,5 Stunden nach dem Konsum bestimmte das Forscher-Team die flussvermittelte Vasodilatation (FMD) der Oberarm-Arterie.
Dabei wird der Blutfluss zunächst komplett unterbunden, um nach dem Öffnen der Manschette den Durchmesser der Arterie sonografisch zu messen. Normalerweise kommt es nach Beendigung des Abbindens zur Erweiterung des Blutgefäßes. Verringert sich der Durchmesser, liegt eine Störung des Endothels (innere Schicht der Gefäße) vor.
Das Ergebnis des Tests war eindeutig: vor dem zweifelhaften Genuss der synthetischen Limos betrug die FMD 5,1 %, danach nur noch 2,8 %. Die Gefäßverengung durch die Inhaltsstoffe bedeutet für den Konsumenten die akute Gefahr eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls. Mit der verheerenden Wirkung kann Dr. Higgins zahlreiche Einzelfälle erklären, bei denen nach dem Trinken großer Mengen Energy-Drinks Herzinfarkte bei jungen Menschen aufgetreten waren.
Auch spontane Koronar- und Aortendissektionen waren vorgekommen. Diese Risse der Blutgefäße sind akut lebensbedrohlich. So sind auch Fälle von plötzlichem Herztod bekannt (https://www.sciencedaily.com/releases/2018/11/181105081738.htm).
Die Hälfte junger Konsumenten hat schlechte Erfahrungen mit Energy-Drinks
Im Rahmen einer kanadischen Untersuchung wurden mehr als 2.000 Jugendliche zwischen 12 und 24 Jahren nach Nebenwirkungen der Energy-Drinks befragt. Das Team um Dr. David Hammond von der School of Public Health der University of Waterloo fand dabei heraus, dass 55,4 % der Teilnehmer bereits gesundheitliche Probleme durch Energy-Drinks hatten.
So berichteten 24,7 % der Befragten über Herzrasen, 21,1 % über Schlafstörungen, 18,3 % über Kopfschmerzen, 5,1 % über Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, 3,6 % über Brustschmerzen und 0,2 % über Krampfanfälle (https://uwaterloo.ca/news/news/energy-drinks-can-negatively-impact-health-youth).
US-Marine-Piloten dürfen die riskanten Limos nicht trinken
Die Navy untersuchte die Auswirkung von Energy-Drinks auf ihre Piloten. Dabei wurde die Leistung der Flieger nach dem Konsum der Limos beurteilt. Eine Leistungssteigerung, die die Hersteller versprechen, wurde allerdings nicht festgestellt. Im Gegenteil: Die Piloten machten nach dem Konsum von Red Bull und Co mehr Fehler als ohne die merkwürdig schmeckenden Getränke.
Schuld daran ist wohl die rasche Überflutung des Körpers durch Koffein, weil die kalten Limos schnell getrunken werden. Potenziert wird die Wirkung des Alkaloids durch Inhaltsstoffe wie Guarana, Ginseng und Taurin.
So kommt es zu Herzrhythmusstörungen, die bei vorgeschädigtem Herz sogar einen Herzstillstand auslösen können. Puls und Blutdruck steigen, wodurch das Risiko von Kreislauf-Komplikationen nochmals zunimmt. Fatal ist außerdem die Erhöhung der Blut-Viskosität. Ein Schuss Alkohol im Energy-Drink soll sogar ähnlich wie Kokain wirken.
Einige Wissenschaftler vermuten auch, dass die Wirkstoffkombination der Getränke eine posttraumatische Belastungsstörung verstärken kann. Auch dieser Gefahr will die Navy durch das Verbot der Limos vorbeugen.
Zu den Auswirkungen der Energy-Drinks auf die Psyche gehören auch Depressionen, Angst und Schlafstörungen. Kopfschmerzen, Unruhe und schnelle Ermüdbarkeit sind weitere Folgen des Konsums. Zudem kann der Körper dehydrieren und sogar akute Koffeinvergiftungen sind nicht selten.
Unwillkürliche Muskelzuckungen können ebenfalls auftreten. Auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und Adipositas zählen zu den Auswirkungen bei Dauer-Konsum. Zudem sollen die Energy-Drinks Karies fördern.
Fazit
Die Risken der Energy-Drinks sind mittlerweile hinlänglich bekannt. Allerdings sagt die Studie aus PubMed nichts über Energy Drinks aus. Sie sagt aber etwas aus über die Art und Weise, wie in der Schulmedizin Studien durchgeführt werden. Immerhin können die Autoren dann eine Veröffentlichung mehr nachweisen, egal ob die Qualität stimmt. Hauptsache die Quantität in Sachen Veröffentlichungen stimmt.
Die Qualität der vorliegenden Arbeit scheint so lächerlich zu sein, dass sogar die Online-Ausgabe von „Forbes“ vor dieser Arbeit warnt (Researcher Falsely States That Energy Drinks Contain More Caffeine Than Coffee). Für die Getränkeindustrie und ihre Freunde sind solche Arbeiten das gefundene Fressen, das beweist, dass die Cola-Gegner sich mit ihren eigenen Expertisen um den Verstand gebracht haben müssen.
Denn Energy Drinks sind harmlos – sie werden nur von bösartigen, dummen Wissenschaftlern schlecht gemacht, wie wir zum Beispiel auf der Seite der „British Softdrinks Association“ (britishsoftdrinks.com/default.aspx?page=712) sehen können.
Neben den Erkenntnissen der US-Navy gibt es weitere veritable Studien, wie die zitierte US-amerikanische und die kanadische Arbeit zeigen. Dr. David Hammond weist darauf hin, dass Vergleich zwischen Energy-Drinks und Kaffee zu keinen brauchbaren Bewertungen führt. Die von ihm dokumentierten Nebenwirkungen könnten nur durch den Wirkstoff-Mix in den Limos erklärt werden.
Welcher Zusatzstoff am gefährlichsten ist, ist bisher unbekannt. Koffein ist es sicher nicht, auch wenn einige Studien auf bislang nicht bekannte Risiken hinweisen wie die Erhöhung des Blutzuckers bei Diabetikern.
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Dieser Beitrag wurde im Februar 2014 erstellt und letztmalig im März 2020 ergänzt und überarbeitet.
11. März 2019 um 12:10
Exzellente Veröffentlichung! Ich hatte schon lange den Verdacht, dass bei diesen Getränken das sog. Aufputschen eine Farce mit Nebenwirkungen ist. Vielen Dank für Ihre Arbeit und das Teilen Ihres Wissens.
14. März 2019 um 13:10
Als ehemaliger Forscher am Max Planck Institut für Polymerforschung Mainz und Forschungszentrum Jülich habe ich nicht immer gute Erfahrungen mit amerikanischen Medien der Wissenschaft gemacht. In mehreren Fällen wurden unsere eingereichten Veröffentlichungen solange zurückgehalten bis die amerikanische Gruppe die Ergebnisse nachvollzogen und erweitert hatte. Dann wurden die amerikanischen Ergebnisse bevorzugt veröffentlicht. Daher veröffentliche ich nur noch in deutschen Medien. PubMed bildet da leider keine Ausnahme. Es ist an der Zeit eigene deutsche Datenbanken zu pflegen….dann haben wir auch die Früchte unserer Arbeit im Land.
Antwort René Gräber:
Ganz herzlichen Dank für diese Erfahrung!! Unter der Hand habe ich das schon öfter gehört und bin auch ihrer Meinung, dass es eines eigenen deutschen Projekts bedürfte.
31. März 2019 um 18:02
Ich finde diesen Artikel super geschrieben, möchte dahingehend auf ein auf Youtube-Filmchen verweisen, indem ein Energy-Drink durchaus hervorragende Eigenschaften aufweist, allerdings nicht in seiner Eigenschaft als Energydrink, sondern als hocheffizientes Reinigungsmittel in einer Kfz-Werkstatt!!! Hobbybastler, Schrauber oder Profis können von diesem wunderbaren Reiniger profitieren! Ist billiger als Bremsenreiniger, ist umweltverträglich weil eine Anwendung ohne Treibgas erfolgt, und im Preisvergleich wesentlich günstiger als z. B. der oben genannte Bremsenreiniger, der zudem auch noch sehr den Hang zur Verflüchtigung hat. Ähnliche Versuche gibt es mit dem Kultgetränk C…. Cola, deren Anteil an in der Industrie verbreiteten Rostlösern durchaus akzeptable Ergebnisse im Bereich der Entrostung liefert. youtube.com/watch?v=MIU_R59QBC0 Also nicht trinken!