Übersäuerung: Natriumbikarbonat bei Niereninnsuffizienz?
Passend zu meinem letzten Beitrag zum Thema Säure-Basen-Haushalt erhielt ich folgende Zuschrift eines Lesers:
Hallo Her Gräber,
beim durchforsten ihrer Webseite „Naturheilt.com“ bin ich auf die Berichte von Hermann Kaufmann, Naturarzt über Übersäuerung gestoßen. Ein für mich mehr als interessantes Thema, da ich beim Selbsttest einen Ph-Wert von 5,6 – 6,5 im Urin habe. Zur eigenen Therapie hatte ich die „radikalere Kur von Frau Ingeborg Oettinger“ ins Auge gefasst, vermisse aber jeglichen Hinweis darauf, ob und wie Natriumbikarbonat bei Niereninsuffizienz einsetzbar ist. Für einen kurzen Hinweis bin ich sehr dankbar.
Vielen Dank für diese präzise Frage – und vor allem für das aufmerksame Lesen. Das Thema „Übersäuerung“ ist heute aktueller denn je – und gleichzeitig eines der umstrittensten. Zwischen schulmedizinischer Skepsis und alternativmedizinischem Überschwang liegt ein Feld, in dem sich nur wenige wirklich auskennen. Ich habe dazu ja ausführlich hier geschrieben: Übersäuerung enträtselt: Gesundheit zurückgewinnen durch Entsäuerung!
Schauen wir mal genauer hin:
Natron bei Nierenproblemen? Nur mit Bedacht.
Zunächst zum Kern Ihrer Frage: Natriumbicarbonat (Natron) wird in der naturheilkundlichen Praxis gern eingesetzt, um überschüssige Säuren zu neutralisieren. Es ist günstig, wirksam und in vielen Fällen gut verträglich.
Aber (und das ist entscheidend) bei eingeschränkter Nierenfunktion wird die Sache heikel. Warum? Wenn die Nieren nicht mehr richtig ausscheiden können, kann sich das zugeführte Bicarbonat im Blut anreichern. Die Folge: metabolische Alkalose – also ein Zuviel an Basen. Symptome reichen von Muskelkrämpfen über Verwirrtheit bis zu Herzrhythmusstörungen.
Außerdem kommt es zu einer sogenannten intrazellulären Kaliumverschiebung: Kalium wandert in die Zellen, der Kaliumspiegel im Blut sinkt – es droht eine Hypokaliämie, was besonders fürs Herz gefährlich werden kann.
Auch ein bereits bestehender Calcium- oder Kalium-Mangel kann durch die zusätzliche Bicarbonatgabe klinisch manifest werden – also Beschwerden verursachen, die vorher nicht spürbar waren.
Fazit: Natron kann in vielen Fällen hilfreich sein – aber nicht pauschal und nicht in Eigenregie bei Niereninsuffizienz. Hier gilt: lieber einmal zu viel ärztlich oder therapeutisch abklären lassen als später mit gravierenden Nebenwirkungen kämpfen.
Allerdings will ich in diesem Zusammenhang auch auf die Kopp´schen Protokoll bei Nierenversagen hinweisen: Nierenversagen: Was nun?
Das Thema ist also komplex und umstritten…
Und was ist mit dem pH-Wert im Urin?
Viele Leser messen ihren Urin-pH mit Teststreifen. Das ist grundsätzlich nicht falsch (ich mahce das auch), aber es ist auch nicht die ganze Wahrheit.
Denn der pH-Wert im Urin unterliegt starken Schwankungen, je nachdem, was Sie gegessen haben, wie viel Sie getrunken haben oder wie aktiv Ihre Nieren gerade arbeiten. Morgens liegt er oft sauer, nach Gemüse eher basisch. Man muss also schon ein Tagesprofil erstellen und zwar über mehrere Tage. Ich beschreibe das ausführlicher hier: Urin-PH-Werte zur Beurteilung einer Übersäuerung und nach ausführlicher in meinem Buch: Die biologische Entsäuerungstherapie – René Gräber Bücher
Ein ganz einfacher und bewährter Test, den schon Therapeuten vor 100 Jahren verwendeten:
Ein Esslöffel Natron (in Wasser aufgelöst) – und dann innerhalb der nächsten Stunde regelmäßig den Urin-pH messen. Steigt er deutlich ins Basische, funktioniert die körpereigene Regulation noch gut. Bleibt er im sauren Bereich, kann das auf eine gestörte Regulationsfähigkeit hinweisen – also auf eine mögliche latente Übersäuerung.
Dieser Test ersetzt keine umfassende Diagnostik, aber er gibt einen ersten Hinweis auf die Regulationslage – gerade bei chronischer Erschöpfung, Schmerzen, Hautproblemen oder rheumatischen Beschwerden.
Übrigens: Wenn Sie solche Informationen interessieren, dann fordern Sie unbedingt meinen Praxis-Newsletter mit den „5 Wundermitteln“ an:
Kleine Anmerkung: Die Sache mit den „5 Wundermitteln“ ist mit Abstand der beliebteste Newsletter, den meine Patienten gerne lesen…
Dieser Beitrag wurde im Jahr 2008 erstellt am 10.6.2025 von mir ergänzt – vor allem, weil es eine häufige Frage ist.
Beitragsbild: pixabay.com – Azza_Hafizah