Kaum ein Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen wurde so oft verschrieben – und so kontrovers diskutiert – wie Metoclopramid, kurz MCP.
Für viele Ärzte ist es ein bewährtes Standardmedikament, für andere ein Beispiel dafür, wie schnell Eingriffe in die natürliche Körperregulation Nebenwirkungen nach sich ziehen können.
Doch was steckt hinter diesem Wirkstoff? Warum wurde er zeitweise vom Markt genommen – und warum ist er heute wieder erhältlich, wenn auch in veränderter Form?
Und vor allem: Gibt es natürliche Alternativen, wenn der Körper mit Übelkeit, Erbrechen oder Völlegefühl reagiert?
Was ist Metoclopramid (MCP)?
Metoclopramid ist der Wirkstoff in Arzneimitteln wie Paspertin, Cerucal oder Gastronerton. Es wird seit den 1960er-Jahren eingesetzt, um Übelkeit, Erbrechen und Völlegefühl zu lindern.
MCP ist ein sogenanntes Prokinetikum – es regt also die Bewegung des Magen-Darm-Trakts an – und zugleich ein Antiemetikum, das das Brechzentrum im Gehirn dämpft.
Damit wirkt es sowohl „unten“ (Verdauung) als auch „oben“ (zentral nervös) – eine Kombination, die es in der Medizin beliebt, aber auch riskant machte.
Warum wurde MCP 2014 eingeschränkt?
2014 sorgte eine Entscheidung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für Aufsehen: Zahlreiche MCP-Präparate verloren damals ihre Zulassung – vor allem die Tropfen mit 4–5 mg/ml Wirkstoffkonzentration.
Der Grund war nicht ein grundsätzliches Verbot, sondern eine Neubewertung der Sicherheit. Langjährige oder zu hoch dosierte Einnahmen hatten wiederholt zu neurologischen Nebenwirkungen geführt – insbesondere zu Bewegungsstörungen (extrapyramidalen Symptomen), Muskelzuckungen oder Krämpfen, die teilweise bleibend waren.
Die Behörden reagierten – mit strengeren Grenzwerten:
- Tropfen dürfen seither höchstens 1 mg/ml enthalten.
- Tabletten: maximal 10 mg pro Einheit.
- Rektalzäpfchen: maximal 20 mg.
- Empfohlene Tageshöchstdosis: 30 mg.
- Maximale Anwendungsdauer: fünf Tage.
Heute sind MCP-Präparate mit diesen niedrigeren Dosierungen wieder auf dem Markt – und gelten bei kurzfristiger, sachgerechter Anwendung als „sicher“. Klar, das versichert man uns immer.
Wie wirkt MCP im Körper?
Metoclopramid blockiert sogenannte Dopamin-D2-Rezeptoren im Gehirn – insbesondere im sogenannten Chemorezeptor-Triggerareal, das auf toxische Reize reagiert und Erbrechen auslöst. Dadurch wird die „Brechreizschwelle“ angehoben: Der Körper reagiert weniger schnell mit Übelkeit.
Gleichzeitig wirkt MCP im Magen-Darm-Trakt:
- Es verkürzt die Verweildauer des Mageninhalts,
- fördert die Peristaltik, also die natürliche Bewegung des Darms,
- und unterstützt den Weitertransport in den Dünndarm.
Pharmakologisch betrachtet also eine interessante Kombination aus „Bremse im Kopf“ und „Gas im Bauch“.
Doch genau hier liegt das Dilemma: Was für den Moment entlastend wirkt, kann die Regulation des Körpers stören, wenn das Signal – in diesem Fall die Übelkeit – eigentlich auf eine Überforderung oder Vergiftung hinweist.
Nebenwirkungen und Risiken
Die meisten Patienten vertragen MCP gut – wenn es kurzfristig und niedrig dosiert eingenommen wird.
Doch der Wirkstoff greift in zentrale Nervensystem-Prozesse ein. Entsprechend sind unerwünschte Effekte möglich, etwa:
- Müdigkeit, Schwindel, Unruhe
- Bewegungsstörungen (Dyskinesien) – besonders bei längerer Anwendung
- Muskelkrämpfe, Zittern oder Grimassieren
- Erhöhung des Prolaktinspiegels, was zu Brustspannen, Zyklusstörungen oder Libidoverlust führen kann
- Durchfall oder Kopfschmerzen
Besonders gefährdet sind Kinder, Jugendliche, ältere Menschen und Personen mit eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion.
Für Säuglinge und Schwangere ist MCP nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung zugelassen.
Wichtig: Diese Nebenwirkungen traten überwiegend bei Langzeitanwendung oder Überdosierung auf – nicht bei kurzzeitiger Einnahme im Rahmen der heutigen Dosierungsempfehlungen.
Wann kann MCP sinnvoll sein – und wann nicht?
MCP ist für mich kein „böses Medikament“. In akuten Situationen – etwa bei starkem Erbrechen nach Operationen, Chemotherapie oder Migräne – kann es wertvolle Dienste leisten. Auch bei diabetischer Gastroparese, also einer Lähmung der Magenmuskulatur infolge von Diabetes, wird es manchmal kurzfristig eingesetzt.
Doch: Bei unspezifischer Übelkeit, Reizmagen oder leichten Verdauungsbeschwerden sollte es nicht die erste Wahl sein.
Denn Übelkeit ist selten eine Krankheit – sie ist ein Signal des Körpers, dass etwas „nicht stimmt“: eine Überlastung der Leber, ein verdorbener Magen, eine seelische Spannung oder schlicht zu schnelles Essen.
Wer in solchen Situationen sofort zum „Abschalten“ des Symptoms greift, entfernt sich von der Botschaft, die der Körper senden will.
Natürliche Alternativen bei Übelkeit und Erbrechen
In der Naturheilkunde geht es nicht darum, Symptome zu unterdrücken, sondern die körpereigene Regulation zu unterstützen.
Gerade bei Übelkeit und Magenverstimmung gibt es einfache, bewährte Mittel, die Sie selbst anwenden können – sanft, sicher und oft überraschend wirksam.
1. Ingwer – der Klassiker für einen ruhigen Magen
Anwendung: Frisch geschnittener Ingwer (ca. 3–4 Scheiben auf 250 ml heißes Wasser) 10 Minuten ziehen lassen, langsam trinken.
Bei akuter Übelkeit: alle 2–3 Stunden eine kleine Tasse, lauwarm.
Alternative: Ingwerkapseln (250–500 mg Extrakt), 2–3 × täglich.
Wirkung: Ingwer blockiert Botenstoffe, die Übelkeit und Brechreiz auslösen. Besonders hilfreich bei Reisekrankheit, Völlegefühl oder nach zu fettem Essen.
Und: Er wirkt ohne Benommenheit – im Gegensatz zu MCP.
2. Pfefferminze – wenn der Magen „spannt“
Anwendung: 1 TL getrocknete Pfefferminzblätter mit 200 ml heißem Wasser übergießen, 5–7 Minuten ziehen lassen.
Langsam und in kleinen Schlucken trinken.
Tipp: Bei empfindlichem Magen oder Gallenproblemen besser auf magensaftresistente Kapseln zurückgreifen (z. B. 0,2 ml ätherisches Pfefferminzöl pro Kapsel, 2–3 × täglich).
Wirkung: Beruhigt die Magenmuskulatur, lindert Krämpfe, fördert den Gallefluss – ideal bei Völlegefühl und nervösem Magen.
3. Kamille – die sanfte Entzündungsbremse
Anwendung: 1 EL Kamillenblüten auf 250 ml heißes Wasser, 10 Minuten ziehen lassen.
2–3 Tassen täglich zwischen den Mahlzeiten.
Zusatz-Tipp: Für den empfindlichen Bauch: feuchtwarmer Kamillenwickel. Dazu ein Baumwolltuch in warmem Kamillentee tränken, auf den Oberbauch legen, Handtuch darüber, 20 Minuten ruhen.
Wirkung: Löst Krämpfe, dämpft Entzündungen, beruhigt Schleimhäute und Nerven – besonders bei „Magen, der auf alles reagiert“.
4. Ordnungstherapie – Ruhe für die „Mitte“
Übelkeit ist oft mehr als ein Magenproblem – sie ist ein Signal des vegetativen Nervensystems.
Alles, was Ordnung schafft, hilft:
Atmen: Langsam durch die Nase ein, doppelt so lang durch den Mund aus – beruhigt den Vagusnerv.
Wärme: Eine Leberauflage (z. B. mit Rizinusöl oder Heublumensäckchen) löst Spannungen und fördert den Gallefluss.
Pause: 20 Minuten hinlegen, Schultern entspannen, nicht gegen die Übelkeit ankämpfen.
Weglassen: Kaffee, Alkohol, Zucker, Nikotin und fettreiche Speisen – sie reizen die Magenschleimhaut zusätzlich.
Oft reicht schon ein Tag mit leichter Kost (Kartoffelbrei, Brühe, geriebener Apfel), um die Verdauung wieder zu stabilisieren.
Wenn MCP unvermeidbar scheint
In manchen Fällen lässt sich eine medikamentöse Behandlung nicht vermeiden. Dann gilt:
- Verwenden Sie MCP nur kurzfristig (maximal 5 Tage).
- Nicht kombinieren mit Alkohol, Sedativa oder anderen Dopaminblockern.
- Langzeiteinnahme vermeiden – sie kann zu bleibenden Bewegungsstörungen führen.
- Bei chronischer Übelkeit: Ursachen abklären (Leber, Galle, Magen, Psyche).
Und vor allem: Sprechen Sie mit einem Arzt, der bereit ist, Alternativen zu prüfen – und nicht nur Symptome „wegzuschalten“.
Fazit
Übelkeit, Schwindel, Erbrechen – das alles sind keine Zufälle, es sind intelligente Signale / Botschaften ihres Körpers. Diese zeigen, dass der Körper versucht, etwas loszuwerden oder ein Ungleichgewicht zu korrigieren. Die moderne Medizin betrachtet diese Vorgänge oft als „Störung“. In der Naturheilkunde betrachten wir diese als Selbstheilungsversuch oder einfach nur als „Warnlampe“.
Metoclopramid ist ein Beispiel dafür, wie die moderne Medizin wirkt – und wo sie an Grenzen stößt. Richtig eingesetzt, kann das Mittel helfen. Falsch eingesetzt, kann es schaden. Entscheidend ist das Bewusstsein, warum ein Symptom überhaupt entsteht. Übelkeit ist nicht der Feind. Sie ist ein Signal.
Sie fordert uns auf, innezuhalten, nachzuspüren, zu entlasten – statt zu unterdrücken.
Und manchmal liegt die Lösung nicht in der Apotheke, sondern im Einfachen: in Ruhe, Achtsamkeit, einer heißen Leberauflage, einem klaren Atemzug oder einer Schale Ingwertee.
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Beitragsbild: pixabay.com – padrinan
Dieser Beitrag wurde im April 2014 erstmalig erstellt und am 14.10.2025 komplett überarbeitet, weil sich in der Zwischenzeit einiges zu diesem Mittel getan hat.