Plastik im Wasser?

Plastik überall! Es gibt praktisch keinen Bereich mehr, wo Plastik nicht vorhanden wäre. Man kann heute nur noch von einem „mehr oder weniger“ reden. Mikro- und Nanoplastik (MNP) ist zu einer echten Gesundheitsbedrohung geworden!

Das scheint auch für das Wasser zu gelten. Normalerweise sollte das Wasser in der Plastikflasche sein. Wie es aussieht, dreht das Plastik dann den Spieß um und lässt sich im Wasser wieder finden.

Mehr als gedacht

Eine wissenschaftliche Arbeit aus 2019 über 26 einzelne Studien mit 3600 Daten veranschaulicht die Größenordnung des Problems: Jeder US-Amerikaner nimmt in einem Jahr 4000 MNPs aus, wenn er nur Leitungswasser trinkt. Mit Wasser aus Flaschen steigt die Zahl auf 90.000. Dazurechnen müsste man noch die MNPs aus Lebensmitteln, die sich auf 74.000 bis 121.000 beläuft [1].

Tierversuche ergaben, mit welcher Geschwindigkeit MNPs sogar ins Säugerhirn einwandern: Bei Mäusen dauert es nur einen Tag, bis Plastik im Zentralnervensystem angekommen ist. Nanoplastik kann durch künstliche Membranen, die den biologischen sehr ähnlich sind, ohne Weiteres hindurch diffundieren. So kommen die Partikel auch ins Zellinnere, folgern die Wissenschaftler [2].

Anfang Januar 2024 erschien eine Arbeit, die Nanoplastik mithilfe einer besonderen Technologie im Wasser nachweisen konnte [3]. Die Autoren der Arbeit sind ebenfalls der Meinung, dass Plastik überall in unserem täglichen Leben vorkommt. Schlimmer noch ist, dass die kleinsten Plastikteile von ein Mikrometer bis fünf Millimeter Länge, sowie Nanoplastik mit der Länge von unter einem Mikrometer, im Verdacht stehen, für Gesundheitsschäden verantwortlich zu sein.

Die Autoren wiesen Nanopartikel nach, die kleiner als 100 Nanometer (<0,1 Mikrometer) waren. Sie waren in der Lage, sieben Arten von Plastikteilchen zu identifizieren und deren Konzentrationen zu bestimmen. Das Spektrum hierzu lag von 110.000-370.000 Teilchen pro 1,0 Liter Wasser. Eine Schätzung aus dem Jahr 2018 ging noch von nur 325 Mikroplastik-Teilchen pro Flasche aus [4] [5].

Aber das Plastik der Plastikflaschen ist nicht die einzige Quelle von Plastik, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Mikroplastik von Plastikfasern, mit denen Kleidung hergestellt wird, Mikroperlen bei Hygieneprodukten und Plastik, welches aus Fischereinetzen stammt, sowie Plastiktaschen etc. sind inzwischen „großzügig“ in der Umwelt verteilt worden, besonders in den Weltmeeren und Flüssen. Auf diese Art und Weise gelangt der Dreck in Fische und Vögel.

Gegen Plastik – für Plastik

Wie nicht anders zu erwarten, gibt es inzwischen eine relativ bedeutende Bewegung, die auf diese Missstände hinweist. Und schon gar nicht anders zu erwarten ist die Reaktion darauf von einer Industrie, deren Einkommen und Wohlergehen auf Plastik beruht und daher Einschränkungen in der Verbreitung von Plastik kategorisch ablehnt.

In den USA ist dies die „American Recyclable Plastic Bag Alliance“, die sich in ihrem neuen Namen brav ökologisch gibt, indem man das Wort „wieder verwertbar (Recyclable)“ bei der Namensgebung verwendet. Denn früher hieß der Laden „American Progressive Bag Alliance“, was seiner Natur eigentlich eher entsprach.

Auf der Webseite der „Plastik-Taschen Allianz“ wird der Leser sofort über die Bedeutung der Plastiktaschen in Bezug auf die Umwelt belehrt:

Daten und Untersuchungen zu Tüten und Umwelt zeigen, dass die Verbraucher darauf vertrauen können und sollten, dass die Wahl von Plastik eine nachhaltige, kluge Entscheidung für ihre Familien und den Planeten ist. In den USA hergestellte Plastiktüten sind die beste Wahl an der Ladenkasse.

Hier wird in gut 200 Worten dem Leser erklärt, dass nicht die Plastiktüten-Industrie an der Verbreitung von Plastik in der Umwelt Schuld trägt, sondern der Leser:

Alle jemals durchgeführten Ökobilanzen für Tragetaschen zeigen, dass die herkömmliche Plastiktüte die umweltfreundlichste Option an der Ladentheke ist, solange sie ordnungsgemäß entsorgt wird.

Kommt einem irgendwie bekannt vor, nicht wahr? Rauchen damals war nur deswegen gefährlich, weil die Raucher sich zu viel des Guten antaten. Rauchen war nicht gefährlich, wenn man es nicht übertrieb, wie alles im Leben gefährlich ist, wenn man den Bogen überspannt, nicht wahr?

Das Gleiche mit dem Zucker. Die Zuckerindustrie behauptet, dass Zucker ein Nahrungsmittel sei. Wenn man dick wird, mit allen gesundheitlichen Konsequenzen von Übergewicht, dann nur deshalb, weil die Konsumenten zu wenig Sport treiben. Der Zuckerkonsum hätte angeblich hiermit überhaupt nichts zu tun, wie von der Zuckerindustrie durchgeführte „Studien beweisen“ konnten. Selbstverständlich!

Kein Wunder, dass die Plastik-Industrie auf dieser Argumentation abfährt. Es ist ein altes, bewährtes Konzept, das darauf beruht, dass die Beweisführung in der Regel umgekehrt wird: Wer etwas anderes behauptet als die Industrie, der muss seinen Standpunkt „beweisen“, während die Industrie ihren Standpunkt als längst „bewiesen“ erachtet.

Und natürlich spielt die Politik wieder einmal den perfekten Steigbügelhalter. Genannt sei hier ein Beispiel aus Tennessee aus dem Jahr 2020, wo der Gesetzgeber des Bundesstaates den Städten ausdrücklich verbot, Einkaufstüten aus Plastik zu verbieten [6]. Das Argument hierfür war, dass angeblich die Plastiktaschen mehrere Male genutzt werden könnten, und dass man sie zur Wiederverwertung in den Läden, wo sie bezogen wurden, zurückgeben kann. Also auch hier ist der Verbraucher schuld, wenn das Plastik nicht richtig entsorgt wird. Die Industrie, als Hersteller des Plastiks, trifft selbstverständlich absolut keine Schuld.

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Plastik ist nicht biologisch

Auch wenn die Industrie sich noch so „ökologisch“ zugewandt gibt, ändert dies nichts an der Tatsache, dass Plastik nicht biologisch abbaubar ist. Plastik wird durch Licht, besonders UV-Strahlen, „zerkleinert“. Dieser Zerfall dauert in der Regel ein paar 100 Jahre. Und auch dann ist das Plastik nicht vollkommen verschwunden, sondern liegt dann in der Regel als Mikroplastik vor, welches problemlos und unbemerkt von uns aufgenommen werden kann.

Mikroplastik im Wasser, speziell Trinkwasser, kann durch die üblichen Filtersysteme der üblichen Wasseraufbereitung nicht beseitigt werden. Damit ist gewährleistet, dass Plastik sich geradezu ungehindert auf dem gesamten Globus ausbreiten kann. Und das gilt auch für Gebiete, die bislang noch als „unberührt“ galten.

Laut Aussagen von australischen Forschern konsumiert jeder von uns rund 5 Gramm Plastik pro Woche [7].  Das ist ungefähr die Menge Plastik, die man verzehren würde, wenn man eine Kreditkarte konsumieren würde. Die hier aufgeführten Daten stammen aus dem Jahr 2019, sind also nicht mehr ganz aktuell. Zum damaligen Zeitpunkt war die Technik zur Bestimmung der Menge an Mikroplastik weniger zuverlässig als heute. Man darf damit also davon ausgehen, dass mit den modernen Messmethoden deutlich mehr konsumiertes Plastik nachgewiesen wird, als die Zahlen aus dem Jahr 2019 wiedergeben. Und das dürfte eine Reihe von gesundheitlichen Problemen nach sich ziehen. Denn Plastik ist nicht biologisch.

Veränderungen von physiologischen Funktionen durch Mikroplastik

Plastik scheint einen nachhaltigen Einfluss auf das endokrine System des Menschen zu haben und damit das hormonelle Gleichgewicht empfindlich zu stören. Die zuvor erwähnten australischen Forscher hatten gezeigt, dass Mikroplastik im Fleisch von Nutztieren landet. Und es gibt Berichte von österreichischen Forschern, die gezeigt hatten, dass das Plastik auch ins Gehirn vordringen kann.

Nachdem Mäuse Trinkwasser mit Plastik aufgenommen hatten, fanden die Forscher nach nur zwei Stunden Plastikpartikel in den Gehirnen der Mäuse, was die Wahrscheinlichkeit von neurologischen Schäden und Entzündungen im Gehirn enorm erhöht. Man darf ebenfalls davon ausgehen, dass derartige Vorgänge sogar Kurzzeiteffekte in Bezug auf die Nervengesundheit haben, wie neurotoxische Prozesse, kognitive Einschränkungen und veränderte Mengen und Funktionsweisen von Neurotransmittern.

Eine Studie aus dem Jahr 2019 zeigte, dass Mikroplastik (Styropor) die Darmbarriere, das Darmmilieu und den Stoffwechsel von Mäusen beeinträchtigt [8]. In dem Versuch wurden männliche Ratten mit 5 Mikrogramm Mikroplastik für die Dauer von sechs Wochen gefüttert. Es zeigte sich, dass das Mikroplastik im Darm der Mäuse die Sekretionstätigkeit der Darmschleimhäute herabsetzte und damit zu einer Schädigung der Barrierefunktion führte [9].

Was kann man selber tun?

Das Rad der Plastik-Geschichte lässt sich nicht mehr herum drehen. Der Dreck ist überall. Schon seit geraumer Zeit gibt es Aktionen und Aufrufe, denen zufolge Plastik vermieden werden soll, zum Beispiel Einkaufstüten aus Plastik, Plastikstrohhalme etc. Es gab auch Aufrufe, vermehrt zu Glasflaschen zurückzukehren, wie in den guten alten Zeiten unserer Großeltern. Aber auch das ist weitestgehend im Sande verlaufen, wie es den Anschein hat.

Vielleicht kann man selber etwas dazu beitragen, in dem man bei diesem bösen Spiel nicht mitmacht. Also:

  • Plastiktaschen, Plastiktüten etc. vermeiden, auch bei der Aufbewahrung von Lebensmitteln.
  • Vermeidung von Strohhalmen aus Plastik. Es gibt Strohhalme aus Edelstahl, Bambus und sogar Glas.
  • Das Waschen synthetischer Kleidung auf ein Minimum beschränken und die Kleidung einer sanften Behandlung aussetzen, um die Zahl der Plastikfasern, die bei dem Reinigungsvorgang freigesetzt werden, zu minimieren. Es gibt auch Produkte, die diese Fasern in der Waschmaschine auffangen und damit an der Freisetzung hindern.
  • Es gibt Zahnbürsten, die nicht aus Plastik gemacht werden, sondern aus Bambus etc.
  • Vermeidung von Einwegflaschen aus Plastik. Es ist besser, seine eigene Trinkflasche aus Edelstahl oder Glas mitzubringen.

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Quellen:

Beitragsbild: pixabay.com – cocoparisienne
Dieser Beitrag wurde im März 2024 erstellt und letztmalig am 31.07.2024 aktualisiert.

René Gräber

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