Kurkuma und Blutverdünner – passt das zusammen?

Kurkuma ist eine erstaunliche Pflanzenart mit einem weiten Spektrum für gesundheitliche Vorteile. Ein Beitrag von mir zählt das breit gefächerte Spektrum von Wirksamkeiten von Kurkuma auf:

Eine dieser mannigfaltigen Wirkungen bezieht sich auf die „Blutverdünnung“ durch Kurkuma, die keine eigentliche Verdünnung des Blutes ist, sondern die Koagulationsneigung (Verklumpungsneigung) der Thrombozyten (Blutplättchen) herabsetzt.

Über diesen Mechanismus wird das Risiko für die Entstehung von Thromben (Blutklumpen) reduziert und damit indirekt (theoretisch) die Wahrscheinlichkeit für Herzinfarkte und/oder Schlaganfälle vermindert.

Im Gegensatz dazu steht die „Blutverdünnung“ durch schulmedizinische Medikamente, die in die Biochemie der Gerinnungskaskade eingreifen. Hierbei wird die Entstehung von Gerinnungsfaktoren unterdrückt. Heparin dürfte der bekannteste Vertreter dieser Medikamentenklasse sein.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob eine kombinierte Gabe eines Kurkuma-Präparats mit einem schulmedizinischen Präparat nicht möglicherweise zu viel des „Guten“ sein könnte. Einige Kurkumin-Anbieter im Internet versehen ihre Produktwerbung mit einem Warnhinweis, der wie folgt lautet:

„Sollten Sie blutverdünnende Medikamente einnehmen, empfehlen wir Ihnen, vor der Einnahme von curcuminhaltigen Produkten mit Ihrem Arzt Rücksprache zu halten.“ (myfairtrade.com/curcumin/curcumin-forte.html)

Denn es besteht der Verdacht, dass die „blutverdünnende“ Wirksamkeit der schulmedizinischen Präparate durch den Einsatz von Kurkumin verstärkt werden könnte. Vielleicht kommt es zu additiven oder sogar potenzierenden Effekten, die dann zu einer erhöhten Blutungsneigung führen könnten, bis hin zu unkontrollierbaren Blutungen, die zum Tode führen.

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Gibt es Wechselwirkungen?

Die gängige Literatur zu Kurkuma ist voll von Hinweisen, dass eine Kombination mit schulmedizinischen Antikoagulantien zu einer erhöhten Blutungsneigung führt oder führen kann. Das Gemeinsame dieser einschlägigen Literatur ist, dass diese „Hypothese“ nicht mehr mit entsprechenden wissenschaftlichen Quellen belegt wird, sondern wie eine Tatsache gehandhabt wird. Es entsteht fast der Eindruck, dass hier ein Gerücht weiterverbreitet wird. Und je weiter es verbreitet wird, desto „tatsächlicher“ wird es.

Ein typisches Beispiel hierfür bringt „News-Medical.net“[1] bei der Diskussion der Wechselwirkungen zwischen Nahrungsmitteln und Medikamenten mit blutverdünnenden Eigenschaften. Wir erfahren hier, dass nicht nur Kurkuma einen Einfluss auf die Blutgerinnung hat, sondern auch Fischöl, Omega-3-Fettsäuren, Knoblauch, Ginkgo etc. Sogar Alkohol kann die Wirkung von Antikoagulantien verstärken.

Eine Suche nach Belegen für diese Behauptungen wird mit einem einzigen Satz belohnt:

„Studien haben gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, PT-INR-Werte im optimalen therapeutischen Bereich von 2,0 bis 3,0 zu erreichen, um 58 % höher ist, wenn Patienten, die VKA-Medikamente einnehmen, auf pflanzliche Präparate verzichten oder sie drei oder weniger Mal pro Woche einnehmen.“

Ein kurzer Ausflug: Was ist INR?

INR steht für „International Normalized Ratio“. Dies ist ein labormedizinischer Parameter, der eine Beurteilung verschiedener Blutgerinnungstests ermöglicht. Gemessen wird hier die Thromboplastinzeit (Quickwert). Die INR wird dann errechnet aus der Thromboplastinzeit für die Blutprobe des Patienten geteilt durch einen gegebenen Normwert.

Der von der WHO definierte Normbereich liegt zwischen 0,85 und 1,27. Bei einer Reihe von Erkrankungen und Therapie mit Antikoagulantien liegt der Zielbereich zwischen 2 und 3. Bei einem erhöhten Risiko für die Bildung von Blutklumpen kann der Zielbereich auf 4,5 angehoben werden. Erhöhte INR-Werte ohne medikamentöse Therapie können auf eine Lebererkrankung oder einen Vitamin-K-Mangel hinweisen.

Es gibt also Studien, die gezeigt haben wollen, dass die Einnahme von pflanzlichen Präparaten die medikamentöse Therapie (zu 58 %) stört und nur ein Verzicht zum gewünschten Ziel führt? Und welche Studien wären das gewesen? Eine Quellenangabe fehlt hier vollkommen, ebenso eine schlüssige Erklärung, wieso es hier zu dieser Störung kommen soll.

Ähnliches lässt sich auch auf deutschen Webseiten finden, zum Beispiel bei „Klartext-Nahrungsergänzung“[2].

Hier gibt es einen Beitrag zu Wechselwirkungen etc. von Nahrungsergänzungen. Unter dem Kapitel „Kurkuma, Gelbwurz, indischer Safran …“ wird als Wechselwirkung eine Wirkverstärkung von Blutverdünnern (Warfarin etc.) behauptet, gefolgt von einer Nummer (112), bei der es sich um eine Quellenangabe handelt, die zu einer englischsprachigen Webseite führt. Und diese Webseite behauptet wiederum, dass es diese Wirkverstärkung gäbe, gefolgt von drei Quellen zu Arbeiten, die dies belegen würden.

Eine dieser drei Arbeiten ist ein Fallbericht, auf den ich im folgenden Absatz näher eingehen werde (Fußnote 10).

Die zweite Arbeit[3] behandelt Kurkumin-Öl und dessen Einfluss auf Ischämien in der Herzmuskulatur nach Reperfusion und Thrombose. Hier taucht das Wort „Interaktionen“ oder  „Wechselwirkungen“ nicht ein einziges Mal auf. Vielmehr loben die Autoren das Öl als eine wirksame und sichere Alternative, um intravaskuläre Thrombosen zu verhindern.

Bei der dritten Arbeit[4] handelt es sich ebenfalls nicht um eine qualifizierte Studie. Auch diese Autoren stellen fest, dass Kurkumin die stärkste koagulationshemmende Wirkung bei einem Vergleich mit anderen natürlichen Substanzen mit blutverdünnenden Eigenschaften hat.

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Auf Spurensuche bei „Drugs.com“

Eine Recherche bei „Drugs.com“[5] ergab Folgendes: Im Absatz „Interaktionen“ bei Kurkuma wurden eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten notiert, die sich angeblich mit Wechselwirkungen von Kurkuma und Antikoagulantien beschäftigt hätten.

Auch hier wurde plakativ behauptet:

„Mittel mit thrombozytenaggregationshemmenden Eigenschaften: Kräuter (gerinnungshemmende/thrombozytenaggregationshemmende Eigenschaften) können die unerwünschte/toxische Wirkung von Arzneimitteln mit thrombozytenaggregationshemmenden Eigenschaften verstärken. Es können Blutungen auftreten. Eine Änderung der Therapie in Betracht ziehen.“

Danach wurden vier Quellen angegeben, aus denen diese Schlussfolgerung abgeleitet worden war.

Die erste Quelle[6] stammt aus dem Jahr 2010 und ist eine Übersichtsarbeit zu Nahrungsergänzungsmitteln, die möglicherweise mit Warfarin etc. interagieren können. 180 Nahrungsergänzungsmittel stehen 120 schulmedizinischen blutverdünnenden Präparaten gegenüber. Eins davon ist Kurkumin. Am Schluss der Zusammenfassung schreibt der Autor, dass mehr Studien benötigt würden, um die Mechanismen und Wechselwirkungen überhaupt zu verstehen.

Fazit: Das ist keine klinische Studie, die Wechselwirkungen gezeigt hat (oder Wechselwirkungen hat ausschließen können). Für eine wissenschaftliche Beurteilung ist diese Arbeit kein Maßstab.

Die zweite Quelle[7] aus dem Jahr 2012 schließt sich diesem Format an: Keine klinische Studie, sondern nur ein Review = Nacherzählung dessen, was andere bereits an Hypothesen verbreitet hatten.

Die dritte Quelle[8] ist fast noch „abenteuerlicher“: Hier geht es um Zahnärzte, die ihren Patienten die Zähne ziehen, wobei es naturgemäß zu Blutungen kommt. Hier gibt es dann für den Zahnarzt einiges zu beachten, unter anderem auch die Einnahme von „Blutverdünnern“.

Der Rat der Autoren an den Zahnarzt lautet hier, blutverdünnende Nahrungsergänzungsmittel zwei Wochen vor dem Zähneziehen abzusetzen. Eine wissenschaftliche Begründung wird nicht geliefert. Auch hier geht man davon aus, dass derartige Nahrungsergänzungsmittel problematisch sein müssen.

Die vierte Quelle[9] ist ebenfalls ein Review, bei dem Datenbanken nach Wechselwirkungen zwischen natürlichen Substanzen und Medikamenten abgefragt wurden. Es geht hier also nicht speziell um Kurkuma und dessen Einfluss auf die Blutgerinnung und ist damit noch weniger geeignet, diesbezüglich zuverlässige Aussagen zu machen.

Eine einzige Arbeit[10], die spezifische Aussagen zu diesem Thema machte, kommt aus Frankreich aus dem Jahr 2014. Allerdings ist dies auch keine klinische Studie. Vielmehr handelt es sich hier um eine Fallbeschreibung, bei der eine mögliche Interaktion zwischen einem Vitamin-K-Antagonisten (Fluindione) und Kurkuma beschrieben wurde.

Die Zusammenfassung beschreibt eine Erhöhung von INR bei dem fraglichen Patienten. Es gibt aber keine konkreten Angaben zur Zahl. Stattdessen schließen die Autoren, wie wichtig es doch sei, Nahrungsergänzungsmittel und deren Nebenwirkungen scharf im Auge zu behalten. Der vollständige Text dieser „Studie“ wurde indes nicht bereitgestellt.

Ungewöhnlicherweise gibt es dafür bei „Drugs.com“ etwas mehr an Informationen zu dieser Arbeit. Die 56-jährige Patientin hatte 2,5 Gramm Kurkuma täglich für die Dauer von fünf Tagen und gleichzeitig den Vitamin-K-Antagonisten Fluindione eingenommen.

Daraufhin war die ursprüngliche INR von 2 oder 3 auf 6,5 gestiegen. An dieser Stelle würde man davon ausgehen dürfen, dass diese Patientin Blutungen erlitten hätte. Laut Bericht jedoch gab es keinerlei klinische Anzeichen für solche Blutungen.

Kann man Kurkuma und Antikoagulantien-Präparate kombinieren?

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keine Erkenntnisse diesbezüglich, weil sich anscheinend niemand die Mühe gemacht hat, diese Frage durch entsprechende Studien zu beantworten.

Anstelle von klinischen Studien sind dann Hypothesen als vermeintliche Tatsachen getreten, dass die Antikoagulantien der Schulmedizin und der blutverdünnende Effekt von Kurkuma zu viel des „Guten“ und daher schlecht seien. Und das, obwohl die Wirkmechanismen von Vitamin-K-Antagonisten und Kurkuma bei der Koagulationshemmung vollkommen verschieden sind.

Mein Fazit: In Anbetracht der Tatsache, dass es keine zuverlässigen wissenschaftlichen Aussagen gibt, sollte man in diesem Fall die notwendige Vorsicht walten lassen. Und die besteht darin, erst einmal anzunehmen, dass hier additive Effekte auftreten können, auch wenn es Hinweise auf das Gegenteil gibt. Aber der eine Fallbericht aus Frankreich dürfte nicht ausreichen, um hier anderslautende Hypothesen aufstellen zu können.

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Dieser Beitrag wurde am 08.05.2022 erstellt.


Quellen:

René Gräber

René Gräber

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  1. Avatar
    Perner, Waltraud

    16. Mai 2022 um 18:31

    Liebe Mitarbeiter von Herrn Gräber, bei Empfehlungen von Kurkuma wäre ich sehr vorsichtig. Ich bin an Morbus Werlhof erkrankt und lebe schon über 40 Jahre mit nur 60 T Thrombozyten. Aufgrund der allgemeinen Empfehlungen habe ich angefangen, Kurkuma einzunehmen und musste nach wenigen Monaten feststellen, dass meine Thrombozyten auf 23 T zurückgegangen sind. Nach Absetzen von Kurkuma war ich wieder bei 60 T. Kurkuma kann also doch gefährlich sein. Mit freundlichen Grüßen W. Perner

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