A1 vs. A2 Casein: Der wahre Grund, warum Milch nicht für alle geeignet ist

Milch gilt ja schon seit langem als „gesund“. Denn was Babys gut tut, sollte uns doch kaum schaden, oder? Es gibt aber gute Gründe, warum man mit fortschreitendem Alter auf den Konsum von Milch verzichten sollte. Immerhin können wir in der Natur beobachten, dass Säugetiere nur bis zu einem bestimmten Alter gesäugt werden. Danach gibt es keine Milch mehr für den Rest des Lebens.

Deshalb gibt es auch für uns eine Reihe von Gründen, warum (Mutter)-Milch nur für Babys gut ist und Kuhmilch für keinen Menschen gleich welchen Alters: [1] [2] [3]

Wie sieht es dann mit Milchprodukten aus? Laut Wikipedia zählt behandelte und unbehandelte Milch ebenfalls zu den Milchprodukten. Die möchte ich aber bei dem Begriff „Milchprodukte“ und deren Diskussion auf jeden Fall ausschließen. Denn entrahmte, homogenisierte, pasteurisierte, sterilisierte, ultrahocherhitzte etc. Milch halte ich für noch katastrophaler als Rohmilch.

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Milchprodukte besser als Milch?

Wenn man sich die Inhaltsstoffe von Milchprodukten anschaut, dann kann man diese in den Bereich der „Supernahrungsmittel“ einordnen. Denn hier finden wir eine große Zahl von essenziellen Vitaminen, Mineralien und anderen Stoffen, die für die Gesunderhaltung eine große Rolle spielen, wie zum Beispiel Vitamin K2, B-Vitamine, Kalzium, Proteine, Probiotika, gesunde Fette etc.

Diese Art der Nahrungsmittel unterstützt die Gesundheitsfürsorge auf mehrere Art und Weise. Denn ihr Verzehr ist mit folgenden Gegebenheiten in Verbindung gebracht worden:

Was ist, wenn ich Milchprodukte nicht vertrage?

Unverträglichkeiten und Empfindlichkeit Milchprodukten gegenüber sind ein sich mehrendes Phänomen. Die Betroffenen machen daher einen Bogen um Milchprodukte und kommen somit nicht in den Genuss von deren gesundheitsfördernden Eigenschaften.

Wenn man sich aber genau anschaut, worin die Unverträglichkeiten begründet sind, dann scheint es eine Lösung zu geben. Denn es gibt zwei Varianten von beta-Casein: A1 und A2, die in einer Reihe von Milchprodukten anzutreffen sind.

Milchprodukte enthalten in der Regel zwei hauptsächliche Proteine, wovon Casein rund 80 % aller Proteine ausmacht und Molke rund 20 %. Von diesen beiden Proteinvarianten scheint Casein die meisten Vorteile zu liefern. Casein ist in der Lage, den Stoffwechsel zu verbessern, gegen Stress zu schützen und die Resorption von Tryptophan zu regulieren. Eine 20 Jahre alte Arbeit konnte sogar feststellen, dass Casein die Funktion der Nebennierenrinde zu schützen vermag und die Kortisonproduktion normalisiert. [8]

Casein beeinflusste auch den Metabolismus von Tryptophan. Hierbei wird die Umwandlung zu Niacinamid (Nicotinamid) unterstützt und gleichzeitig die Verfügbarkeit von freiem Tryptophan im Organismus reduziert. [9]

Tryptophan ist auch die Ausgangssubstanz für die Bildung von Serotonin, was landläufig als „Glückshormon“ bezeichnet wird. Allerdings scheint diese Auffassung mehr ein Aberglaube zu sein, da hohe Serotoninspiegel sehr unglückliche Prozesse einleiten können, bis hin zu Depressionen und gesteigerter Suizidneigung. Hier sind geringe Tryptophan-Konzentrationen und damit geringeres Serotonin angesagt. [10] [11] Und Casein trägt dazu bei, diese Konzentrationen auf einem physiologischen Level zu halten.

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Casein 1, Casein 2?

Beim Casein gibt es verschiedene „Fraktionen“ oder Subtypen, als da wären: alpha-Casein, beta-Casein und kappa-Casein. Beta-Casein ist die dominante Fraktion mit etwa 40 % aller Proteine in der Milch. Und hier gibt es zwei Hauptvarianten: A1 und A2. Der Unterschied zwischen den Beiden wird durch eine einzige Aminosäure in der 209 Aminosäuren langen Sequenz verursacht, die die beta-Casein-Kette bildet. In dieser Kette an Stelle 67 zeigt A1 die Aminosäure Histidin, während A2 die Aminosäure Prolin an gleicher Stelle beheimatet.

Dieser kleine, aber feine Unterschied hat große physiologische Konsequenzen. Und zwar bei der Verstoffwechselung. Das Prolin in A2 erzeugt eine deutlich stärkere Bindung und ist daher viel mühsamer abzuspalten als das Histidin in A1. Daher ist A1 besser abbaubar.

Wenn A1 verdaut/metabolisiert wird, dann entstehen dabei Metabolite wie das Protein beta-Casomorphin-7 oder BCM7. Es gibt Menschen, die dieses BCM7 nur schwer verstoffwechseln können, was zu gastrointestinalen Beschwerden führen kann.

A2, das weniger gut aufspaltbare Casein, produziert bei seiner Verstoffwechselung kein BCM7, was für deutlich mehr Menschen, auch die sensiblen, deutlich bekömmlicher ist. Und da hätten wir den wichtigsten praktischen Unterschied zwischen A1 und A2.

Und wo kann ich welche Casein-Sorte erwarten? Wer produziert A1 und wer A2? Die Antwort lautet: Es hängt von der Zucht der „Milcherzeuger“, also der Kühe ab.

Die überwiegende Anzahl von Kühen, die zur Milcherzeugung gezüchtet wurden, sind in vielen Teilen der Welt A1-Produzenten. Milchprodukte von Schafen, Ziegen, Büffeln etc. und einige alte Rinder-Stämme produzieren ausschließlich A2-beta-Casein. Muttermilch der Menschen enthält ebenfalls nur A2.

D.h. also, dass die Betroffenen, die Probleme mit Kuhmilch und Milchprodukten haben, besser beraten sind, sich nach Produkten umzuschauen, die ausschließlich A2-beta-Casein enthalten. Denn die Studien dazu zeigen deutliche Hinweise, dass ein Verzicht auf Kuhmilch (die A1 und A2 enthält) in der Regel auch dann die gastrointestinalen Probleme beseitigt, wenn Milchprodukte verzehrt werden, die ausschließlich A2 enthalten.

Eine randomisierte klinische Studie aus dem Jahr 2014 untersuchte die Unterschiede von A1 und A2 beta-Casein. [12]

Die Autoren ließen 41 gesunde Erwachsene zwei Wochen lang Milch trinken. Gruppe A erhielt Milch mit A1 beta-Casein; und Gruppe B erhielt Milch mit A2 beta-Casein. Danach gab es eine „washout“ Zeit von zwei Wochen, wo keine Milch mehr getrunken wurde.

Die Resultate zeigten, dass die Teilnehmer deutlich weniger gastrointestinale Probleme erfuhren, wie Blähungen, Schmerzen, Verstopfung etc., wenn sie zur Gruppe der Teilnehmer gehörten, die A2 erhalten hatten. Interessanterweise berichteten die Teilnehmer mit einer Laktoseintoleranz ebenfalls, dass sie weniger Probleme mit der A2-Milch hatten, sich also ihre Laktoseintoleranz abgeschwächt hatte.

Im Jahr 2019 wurde eine Studie veröffentlicht, die den Einfluss von A1 und A2 auf Entzündungsvorgänge im Verdauungstrakt untersucht hatte. [13]

Die Autoren versuchten herauszufinden, ob ein Ersatz konventioneller Milch durch reine A2-Milch bei Kindern im Vorschulalter zu einer Verbesserung von gastrointestinalen Symptomen führt und Entzündungsprozesse unterdrückt.

Das Resultat zeigte, dass der Verzehr von A2-Milch signifikant weniger gastrointestinale Symptome mit sich brachte. Bei den Kindern, die konventionelle Milch tranken, stiegen die Entzündungsmarker signifikant an, was bei den Kindern mit A2-Milch nicht beobachtet werden konnte.

Also schlossen die Autoren, dass der Ersatz konventioneller Milch durch A2-Milch gastrointestinale Symptome verringert, Entzündungsprozesse hemmt und Milchintoleranz abschwächt. Gleichzeitig zeigte sich bei den Kindern mit A2-Milch eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit.

Eine Arbeit aus dem Jahr 2022 fasst noch einmal die Belege für die Unterschiede zwischen A1 und A2 zusammen und kommt zu dem Schluss, dass der Verzehr von Milch mit ausschließlich A2 in einem verbesserten gastrointestinalen Status resultiert. Auch diese Autoren gehen davon aus, dass die Probleme auf der Bildung von BCM7 aus A1 beta-Casein beruhen. [14]

Die Autoren gehen auch davon aus, dass diese Vorteile weit über eine Verbesserung von einer diagnostizierten Laktoseintoleranz oder Milchunverträglichkeit hinausgehen. Auch Menschen ohne die geschilderten Probleme, die Milch und Milchprodukte problemlos vertragen können, profitieren vom ausschließlichen Verzehr von A2 beta-Casein-Produkten.

Wie sehen die Alternativen aus?

So beeindruckend diese Ergebnisse erscheinen mögen, können sie jedoch nicht garantieren, dass alle in diesem entsprechenden Schema reagieren. Es ist durchaus denkbar, dass es auch Probleme unter A2 beta-Casein gibt. Hier mag es Faktoren geben, die jenseits des Einflusses von A1 und A2 auf die Verdauung wirksam sind. Zum Beispiel die Laktoseintoleranz, die bei einigen Arbeiten unter A2 weniger stark auftrat.

Aber eine Laktoseintoleranz basiert auf einem fehlenden Enzym, die Lactase, den Milchzucker, die Laktose, abbaut. Wenn dieses Enzym fehlt, dann kommt es zu hohen Konzentrationen von Laktose und den damit verbundenen Problemen. In diesem Fall heißt es „probieren geht über studieren“, was heißt, dass man als Mensch mit einer Laktoseintoleranz selbst austesten muss, ob A2-Milchprodukte tolerabel sind.

Aber Milchprodukte sind zweifellos wichtige Quellen für Nährstoffe, wegen der bereits erwähnten Vielfalt und Menge an Vitaminen, Mineralien, Proteinen und anderen gesundheitsfördernden Stoffen. Von daher sind Milchprodukte für viele, allerdings nicht für alle Menschen wichtige Lebensmittel.

Um sich bei Problemen hier neu zu orientieren und nach Alternativen zu suchen, scheinen Milchprodukte, zum Beispiel Käse von Ziegen oder Schafen, eine gute Wahl zu sein. Hier hat man es fast ausschließlich mit A2 zu tun. Das Gleiche gilt auch für andere Milchprodukte, die sonst traditionell von Kühen stammen, wovon es aber entsprechende Versionen von Milchprodukten anderer Tiere, wie die besagten Ziegen oder Schafe, gibt.

Es wäre auch spannend nachzuforschen, ob das enthaltene beta-Casein für die jeweiligen Milchprodukte auf den Etiketten entsprechend klassifiziert ist. Gibt es zum Beispiel in „alternativen Lebensmittelläden“ Milchprodukte mit entsprechender Etikettierung? Man kann sich allerdings ziemlich sicher sein, dass bei zum Beispiel Schafs- und Ziegenkäse kein A1 in den Verdauungstrakt gelangt.

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Quellen:

Dieser Beitrag wurde am 09.10.2024 erstellt.

René Gräber

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