Was, wenn das, was Sie täglich essen, Ihr Gehirn zerstört? Die meisten von uns achten auf ihre Gesundheit – doch während Sie glauben, etwas Leckeres zu genießen, könnte genau dieses Essen im Hintergrund Ihre Gehirnzellen angreifen. Glutamat, ein weit verbreiteter Geschmacksverstärker, ist längst in Verruf geraten – aber was steckt wirklich dahinter? Wissenschaftler haben beunruhigende Zusammenhänge zwischen Glutamat und Übergewicht, Hirnschäden und sogar Sehverlust entdeckt. Ist es nur Panikmache oder eine versteckte Gefahr, der wir täglich ausgesetzt sind?
Was ist Glutamat?
Glutamat – viele von Ihnen werden bereits von diesem Geschmacksstoff (Mononatrium-Glutamat, MSG von englisch Monosodium-Glutamate) gelesen haben, meist in Verbindung mit dem „Chinarestaurant-Syndrom“, das eigentlich Natriumglutamat-Allergie heißt. Nicht das gesündeste, was man seinem Körper geben kann – sollte man meinen.
Bevor ich zu der Sache mit dem Zelltod im Gehirn komme, muss ich erst noch was anderes aufgreifen. Nämlich die „gewaltigen Nachrichten“ in verschiedenen Zeitungen, die in etwas so lauten wie die von der „Berliner Morgenpost“: Glutamat, das seit vielen Jahren so verteufelt wird, steckt angeblich in den „gesündesten Lebensmitteln“ (Glutamat – viel Geschmack, viele Vorurteile – morgenpost.de/web-wissen/article105246962/Glutamat-viel-Geschmack-viele-Vorurteile.html).
Sogar die Muttermilch enthält Glutamat. Wie kann es da zu einem „Chinarestaurant-Syndrom“ oder einem Zelltod kommen? Gute Fragen – oder?
Die Argumentation der Berliner Morgenpost lautet so: Nicht zuletzt verzehre ein Großteil der Asiaten Glutamat über glutamathaltige Soßen, und keiner von denen klagt über Kopfschmerzen etc. Und was die Wissenschaftler angeht, die sich damals schon gierig auf dieses Thema gestürzt hatten, beginnen nun, umzudenken.
Denn sie konnten beweisen, dass es dieses Syndrom gar nicht gibt! Um dies zu untermauern, führt man „kontrollierte klinische Studien“ an, bei denen schließlich keiner der Versuchspersonen durch den Genuss von glutamathaltigen Speisen ernsthaft erkrankte.
Soweit die guten Nachrichten. Die schlechten Nachrichten jedoch sind, dass die Wissenschaftler der „Berliner Morgenpost“ nicht früh genug aufgestanden zu sein scheinen. Denn es gibt keinen einzigen ernstzunehmenden Hinweis, dass Glutamat gesund ist. Glutamat ist notwendig, da es als Glutaminsäure (Glutamat ist das Salz der Glutaminsäure) wichtiger Bestandteil von Aminosäuren ist. Ohne Glutaminsäure gäbe es viele Proteine nicht.
Aber Glutaminsäure ist auch ein Botenstoff im zentralen Nervensystem, hat also eine Doppelfunktion. Hier wird es in den Synapsen freigesetzt und bindet dann an spezifische Rezeptoren. Sie ist nicht die einzige Aminosäure, die im Gehirn biochemisch aktiv ist. Das heißt, dass ohne die Glutaminsäure auch wichtige Funktionen des Nervensystems ausfallen würden.
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Die Dosis macht das Gift
Diese Grundlagen allerdings sagen nichts aus über den Grad der Unschädlichkeit von Glutamat. Etwas, was für unseren Organismus notwendig ist, muss nicht notwendigerweise auch unschädlich sein (Vitamin A ist ebenso notwendig und in hohen Konzentrationen extrem toxisch). Hier kommen die Mengen ins Spiel, die über die Schädlichkeit von Substanzen entscheiden. Aber nicht nur die Menge macht´s.
Ein weiterer Faktor ist der Zeitraum, in dem man große Mengen einer Substanz zu sich genommen hat. Von daher sind die zitierten Studien mehr als merkwürdig (man könnte fast sagen: lächerlich), bei denen kontrolliert Menschen glutamathaltiges bzw. glutamatfreies Essen aufgetischt wird, ohne dass die Probanden wissen, ob sie nun „glutamatisiert“ werden oder nicht. Danach beobachten die Studienbetreiber die Probanden kurzzeitig und schauen dabei auf negative Wirkungen.
Doch diese werden innerhalb einer kurzen Studie kaum eintreten, da diese Phänomene erst nach Jahren überhöhter Glutamat-Zufuhr zu erwarten sind. Und weil keiner der Testprobanden nach glutamathaltiger Mahlzeit tot vom Stuhl gefallen ist, schließen die Autoren (oder ist es doch nur die Zeitung, die zu dem Schluss kommt?), dass Glutamat ein Segen für die Menschheit ist.
Was zeigen denn Tierversuche?
Eins vorweg: Erkenntnisse aus Tierversuchen sind auf den Menschen nicht vollständig übertragbar. Doch liefern Experimente an Säugern schon Hinweise darauf, von welchen Artbeits-Hypothesen beim Menschen auszugehen ist.
Der renommierte Psychiater Professor John William Olney führte eine Reihe von Untersuchungen an Ratten und Mäusen durch, um die Wirkung großer Mengen Aminosäuren auf das Gehirn zu erforschen.
Dass er dabei nur Forschungsgelder akquirieren wollte, wie es teils aufgrund derartiger Studien oft behauptet wird, ist natürlich nur Polemik. Schauen wir uns statt dessen lieber einmal die Ergebnisse an:
Olney injizierte neugeborenen Mäusen täglich 0,5 Mononatriumglutamat pro kg Körpergewicht und untersuchte nach einiger Zeit, ob sich Veränderungen im Vergleich zu Kontroll-Tieren eingestellt hatten. Dabei konnte der Wissenschaftler Nekrosen im Gehirn, besonders im Hypothalamus, nachweisen. Zudem litten die Mäuse an Knochenschwäche, Fettleibigkeit sowie eingeschränkter Fruchtbarkeit (Brain Lesions, Obesity, and Other Disturbances in Mice Treated with Monosodium Glutamate).
Auch der Kieler Kinderarzt Dr. Michael Hermanussen behandelte Ratten mit Glutamat. Der Professor der Christian-Albrechts-Universität ließ den trächtigen Weibchen 2,5 oder 5 g Mononatriumglutamat verabreichen. Daraufhin gebaren die Ratten untergewichtige Nachkommen.
Wurde die Glutamat-Gabe bei den Jungtieren fortgesetzt, wurden die Tiere übergewichtig und entwickelten einen gedrungenen Körperbau. Offensichtlich hatte Glutamat die Hormon-Balance aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Folge war eine Tendenz zu ungezügeltem Fressverhalten.
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Hermanussen vermutet, dass die Aminosäure auch beim Menschen Adipositas fördern kann (Obesity, voracity, and short stature: The impact of glutamate on the regulation of appetite).
Japanische Wissenschaftler fütterten Mäuse mit einer Nahrung, die mit Mononatriumglutamat angereichert war. Daraufhin starben Photorezeptoren in der Netzhaut der Tiere ab.
Bei sehr hohen Dosierungen (20 % Massenanteil Glutamat in der Nahrung) erblindeten die Mäuse vollständig. Die Wissenschaftler vermuten, dass Mononatriumglutamat auch beim Menschen zu grünem Star führen kann (Too much MSG could cause blindness).
Auch Studien am Menschen zeigen: MSG fördert Übergewicht
Auf den Übergewicht-Effekt weist eine chinesische Studie hin, an der 752 Menschen teilnahmen. Die meisten der Probanden aßen zwar keine industriell verarbeiteten Lebensmittel, verwendeten aber beim Kochen schieres Glutamat. Diejenigen mit dem höchsten Glutamat-Verzehr hatten dreimal so häufig Übergewicht wie die Teilnehmer, die den Geschmacksverstärker gar nicht zu sich nahmen (Association of monosodium glutamate intake with overweight in Chinese adults: the INTERMAP Study).
Es spricht auch Bände, dass in den USA parallel zum Glutamat-Verzehr der Trend zum Übergewicht zunimmt. Waren es 1950 eine Million angloamerikanische Pfund MSG, stieg der Konsum im Land der unbegrenzten Möglichkeiten bis 2024 auf 300 Millionen Pfund an. Verantwortlich dafür ist der wachsende Verzehr von Fast-Food in den USA.
Übrigens füttern Wissenschaftler Glutamat Versuchstieren zu, um sie zu Versuchszwecken übergewichtig zu machen. Anders lassen sich entsprechende Tiere nicht heranmästen, denn Tiere sind so „vernünftig“, sich nicht zu überfressen. Nur Glutamat lässt die armen Kreaturen fresssüchtig werden.
So kommt es zum Zelltod
Ägyptische Wissenschaftler haben den Mechanismus aufgeklärt, wie Glutamat auf Gehirnzellen wirkt. Glutaminsäure führt in hohen Dosierungen im Gehirn zu einer Art „Tsunami“ an Natrium und Calcium in den Nervenzellen.
Besonders die hohen Konzentrationen an Calcium in den Zellen setzen deren Mitochondrien (die Zellkraftwerke) außer Gefecht, aktivieren Proteasen (Enzyme, die Proteine spalten), akkumulieren freie Radikale und setzen Stickoxid frei. Diese Ereignisse sind ein Todesurteil für die betroffene Zelle (The role of glutamate in neuronal ischemic injury: the role of spark in fire). Und wenn die Glutamatzufuhr weiter geht, Tag für Tag, Woche für Woche, dann ist mehr als nur eine Zelle von diesen Vorgängen betroffen.
Bevor ich als „Panikmacher“ gelte:
Natürlich stellt die Zufuhr an Glutaminsäure über natürliche Nahrungsmittel kein Problem dar, da hier physiologische Konzentrationen aufgenommen werden, die in keinem Vergleich zu den Glutamat-Zusätzen seitens der Lebensmittelindustrie stehen.
Glutaminsäure in biogenen Proteinen ist eben nicht so hoch konzentriert wie reines Glutamat-Pulver, das Lebensmittel-Industrie tonnenweise verwendet. Außerdem wird die Aminosäure aus naturbelassenen Nahrungsmitteln langsamer aufgenommen, weil die Eiweiße vor der Resorption gespalten („verdaut“) werden müssen.
Zudem ist zu erwarten, dass die Salze der Glutaminsäure sich in wässriger Lösung etwas anders verhalten, als die „unversalzte“ Glutaminsäure, deren Dissoziation in Ionen in einem anderen Zustand vorliegen:
Food-Konzerne wollen uns nicht mit notwendigen Aminosäuren füttern, damit wir gesund bleiben – oder?
Vielleicht will die Lebensmittelindustrie mit dem Einsatz des Geschmacksverstärkers auch einfach nur erreichen, dass auch Pappe noch nach einem leckeren Kotelett schmeckt, damit die Pappe teuer verkauft werden kann?
Die Gretchenfrage: Ist Glutamat jetzt böse oder nicht?
Jetzt fragen Sie sich wahrscheinlich, wer denn nun recht hat: Die Berliner Zeitung oder die Wissenschaftler?
Wenn es um Wissenschaft geht, würde man reflexartig den Wissenschaftlern das Vertrauen aussprechen, denn das ist ihr Fachgebiet. Daher nimmt die Zeitung auch einen geschickten Umweg, um die Wissenschaftler zu verunglimpfen und das Glutamat hoch leben zu lassen: Sie entdecken miese Intentionen bei den Wissenschaftlern.
So schreibt das Blatt im fraglichen Artikel:
„Andere Wissenschaftler griffen gierig nach dem vermeintlich neuen Leiden, gab es ihnen doch die Möglichkeit, Forschungsgelder zu akquirieren.“
Nachdem also jetzt die glutamatkritischen Forscher über ihre Geldgier gestolpert sind, kommen die aufrechten Wissenschaftler aus der Morgenblattredaktion zu Wort und führen ihre eigenen Arbeiten im Chinarestaurant durch, wie oben beschrieben.
Wenn auch diese merkwürdige Versuchsanordnung zu drolligen Ergebnissen kommt, ein wichtiges Ergebnis steht schon vor dem Beginn der Chinarestaurant-Posse fest: Glutamat ist gut für uns alle, denn „Lebensmittelhersteller können so an teuren Rohstoffen wie Fleisch, Shrimps oder Käse sparen“.
Diese Feststellung wurde in einem weiteren Artikel der „Berliner Morgenpost“ getätigt, der nur 2 Tage zuvor in der Online-Ausgabe unter dem Titel: „So schädlich ist Glutamat im Essen wirklich“erschienen war. Wer den Link „morgenpost.de/webwissen/gesundheit/article1042992/So_schaedlich_ist_Glutamat_im_Essen_wirklich.html“ aufrufen möchte, läuft inzwischen allerdings ins Leere. Der Unterschied zwischen altem und neuem Artikel ist (war) die wesentlich differenziertere Diskussion des Sachverhalts in dem Vorgängerartikel.
Komisch, dass der kritische Artikel irgendwann aus dem Internet verschwand. Übrigens erschien zweieinhalb Jahre vor den Morgenpost-Beiträgen auf welt.de ein Artikel mit absolut gleicher Überschrift: So schädlich ist Glutamat im Essen wirklich. Darin warnen die Autoren vor neurotoxischen Wirkungen und Übergewicht durch zu viel Glutamat.
Fazit: Ein Schelm, wer böses dabei denkt.
Denn die stetige Wiederholung („das hab ich doch schon mal irgendwo gelesen?“) hilft mit Sicherheit, dem Glutamat ein wenig des Schreckens zu nehmen.
Doch wenn Wissenschaftler das Glutamat verdammen, nur um an Forschungsgelder zu kommen, dann gilt diese „Spielregel“ vor allem für die, die den Wissenschaftlern dies zum Vorwurf machen. Denn Zeitungen drucken, wofür sie bezahlt werden. Das gilt für die Boulevardblättchen wie auch für einen Teil der wissenschaftlichen Fachzeitschriften.
Wenn man durch billiges Glutamat „teure Rohstoffe“ in der Nahrungsmittelproduktion einsparen kann, dann ist das dem Bezahlenden allemal 2 Artikel in 2 Tagen wert.
Von der Machart der Artikel könnte man auf den dummen Gedanken kommen, dass der erste Artikel nicht „dumm“ genug geschrieben war. Der Zweite war dann ganz nach dem glutamathaltigen Geschmack der Lebensmittelindustrie.
Glutamat: Gar nicht einfach zu erkennen!
Freilich ist es gar nicht so einfach, der Glutamatflut auszuweichen. Denn der Geschmacksverstärker ist auf Lebensmittelverpackungen keineswegs einheitlich deklariert. So gibt es eine ganze Reihe von organischen Salzen, die den Zubereitungen beigemengt wird (E621 bis E625).
Zudem versteckt sich die Glutamat hinter schön klingenden Begriffen wie „Hefe-Extrakt“, „pflanzliches Eiweiß“ und „Sojasoße“. Wer ganz sicher gehen will, macht es wie unsere Großmütter (-väter): die haben nur mit frischen, naturbelassenen Lebensmitteln gekocht.
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Dieser Beitrag wurde im November 2011 erstellt und letztmalig im September 2024 aktualisiert. Beitragsbild: erstellt durch KI
30. November 2011 um 09:42
Sehr schöner Artikel!
Als Oecotrophologin und Heilpraktikerin habe ich mich zu diesem Thema immer wieder belesen. Mein Fazit: ein bekömmliches Gericht aus frischen und hochwertigen Zutaten kommt auf jeden Fall ohne Glutamat bzw. Hefeextrakt aus.
Vielen Dank für Ihre intensiven Recherchen.
J. Schwenke
30. November 2011 um 10:48
gibt es nicht auch menschen, die eine glutenallergie haben? ist das etwas anderes oder damit vergleichbar?
lg
10. Dezember 2011 um 23:48
Danke – das entspricht genau meiner Erfahrung. Mein Körper mag das Zeugs nicht. Und seit ich darauf achte wo es überall drin ist habe ich auch den Eindruck, dass es als Konservierungsstoff verwendet werden kann. Denn Produkte in denen kein Glutamat drin ist, verderben schneller. Finde ich ein gutes Zeichen, denn das ist meiner Meinung nach natürlich.
12. Dezember 2011 um 12:59
ich reagiere da auch äusserst krass darauf. bekomme rote pickel und hautausschlag. ist nicht gerade toll. habe mir das aber durch eine gesunde ernährung abgewöhnt, da so krass drauf zu reagieren 😉
lg
22. Dezember 2011 um 13:51
Also ich frage da sowieso nur meinen Körper. Und der schläft nicht ein, nach so einem leckeren Mahl und bekommt Zappelbeine und heftigen Juckreiz am Schienbein. Ich werde regelrecht hyperaktiv.
Ich hatte es anfangs in Kauf genommen und öfter dort gegessen, weil meine Freundinnen es toll fanden, war es ja auch. Nach einiger Zeit wurde die Fibromyalgie wieder aktiv. Ich bekam Schmerzen. Also musste ich mit dem Chinamann aufhören und meine Ernährung drastisch umstellen. Also keine Süßigkeiten, kein tiefgefrorenes, kein Essen-gehen. Das wirkt bei mir immer noch am besten.
LG
3. Januar 2013 um 14:21
@ Rosita:
Es ist auch bekannt, dass Glutamat nicht nur z.B zu Fettleibigkeit führt, sondern auch zur Etnstehung von ADHS bzw. Hyperaktivität beiträgt.