Homo sapiens lebt seit mindestens 150.000 Jahren auf diesem Planeten. Nicht immer hatten die Menschen Jagdglück oder fanden genug Früchte oder Pilze zum Sattwerden. Auch die sesshaften Bauern litten unter Missernten und mussten sich dann mit wenig Nahrung begnügen. Eine Zeit lang zu hungern war seit der Vor- und Frühgeschichte also eine ganz normale Angelegenheit.
Der Mensch hat das alles überlebt. Ganz sicher muss er sich an Hungerzeiten biologisch angepasst haben, sonst gäbe es uns alle nicht mehr. Der heutige Nahrungsüberfluss in Teilen der Welt ist daher mehr Problem als Segen.
Viele Menschen haben das verstanden und begrenzen bestimmte Nahrungsmittel wie Zucker, Fett oder Fleisch ganz bewusst. Schon dieser Verzicht ist eine Art Fasten: Ein Verzicht, der nicht aus Not, sondern aus Wunsch und Willen geboren ist. Dem Wunsch nach besserer Gesundheit und dem Willen, etwas dafür zu tun.
Fasten hat eine lange Geschichte
Der geschichtliche Ursprung des Fastens liegt in religiösen Vorstellungen. Fasten war und ist Teil der Askese, die im Christen- und Judentum, Islam, Buddhismus und dem Hinduismus gefordert wird. Doch schon früh erkannten antike Ärzte auch den medizinischen Wert der zeitweisen Nahrungs-Karenz. Griechische Mediziner wie Hippokrates und Asklepiades erachteten Fasten für genauso wichtig wie Arzneien, wenn nicht für noch wichtiger.
Wenngleich im Mittelalter viel Wissen des Altertums vergessen wurde, so gilt dies für das Heilfasten nicht. Der Stellenwert der religiös motivierte Askese trug im klerikalen Zeitalter wohl dazu bei, dass der gesundheitliche Nutzen des Fastens nicht aus dem Blick geriet.
Persönlich zu verdanken ist das Benedikt von Nursia, der unter dem Schutz des von ihm gegründeten Ordens die “alten heidnischen Griechen” studieren und lehren konnte. Die Schule von Salerno wurde zu einem Zentrum der frühmittelalterlichen Medizin, die auch zum Heilfasten riet. Im Hochmittelalter behandelten Ärzte wie Bernhard von Gordon und Roger Bacon ihre Patienten mit der Methode.
An der Schwelle zur Neuzeit und Renaissance war es Paracelsus, der im Rahmen seiner Therapien auch das Heilfasten empfahl. Die zunehmende Säkularisierung führte zu einer gewissen Vernachlässigung des Gedankengutes, das erst im 18. Jahrhundert wieder aufgegriffen wurde. Im 19. Jahrhundert erfuhr das Heilfasten durch Sebastian Kneipp und Johann Schroth einen erneuten Aufschwung, sodass im 20. Jahrhundert verschiedene Ausrichtungen der Heil-Methode entstanden. Allen voran stand die Schule von Otto Buchinger, aber auch andere leisteten ihren Beitrag wie der Österreicher Franz Xaver Mayr.
Fasten liegt heute “im Trend”. Trotzdem ist es aber keine Mode-Diät, sondern eine auch von Schulmedizinern anerkannte Therapie. Deren Wirkung ist inzwischen durch zahlreiche wissenschaftliche Studien nachgewiesen.
Heilfasten hat einen positiven Effekt auf den Fettstoffwechsel und damit auf Herz und Kreislauf, dämpft Entzündungs-Prozesse, hilft bei Rheuma und Arthritis, kann die Nebenwirkung einer Chemotherapie lindern und stärkt das Immunsystem. Eine Fastenkur dient auch der Ausscheidung schädlicher Stoffwechselabfälle (Entschlackung), der Entsäuerung und der Entgiftung von allerlei Toxinen, die aus Nahrung und Umwelt stammen.
Wie gehe ich vor?
Fasten heißt nicht nur und unbedingt “einfach mal gar nichts essen”. Fasten ist also kein Selbstversuch bis man beinahe verhungert ist und auch keine Nulldiät. Fasten heißt vor allem, die Ernährung nach einem genauen Plan auf ein Minimum zu beschränken. Was, wie viel und wann gegessen und getrunken werden soll, darin unterscheiden sich die Methoden seit den Arbeiten der Gründerväter des heutigen Heilfastens.
Ich stelle Ihnen hier von den vielen Heilfasten-Modellen zuerst die von mir empfohlene Methode vor. Doch auch andere Fasten-Diäten sollen anschließend genannt werden. Dabei erhebe ich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, weil die verschiedenen Heilfastenanleitungen heute eine etwas unübersichtliche Anzahl erreicht haben. Wichtig ist zu betonen, dass mit allen hier beschriebenen Fasten-Plänen ein echter Fastenstoffwechsel erzeugt wird.
Der Fastenstoffwechsel
Eine reduzierte Nährstoffaufnahme hat sofort physiologische Auswirkungen. Heilfasten induziert den typischen “Fastenstoffwechsel”, der im Blutbild und an den Urin-Werten sichtbar ist. Zunächst sinkt der Insulin-Spiegel, während Glucagon als Gegenspieler des “Zucker-Hormons” vermehrt ausgeschüttet wird. Daraufhin wird Leberstärke (Glycogen) zu Glucose abgebaut.
Doch diese Reserve reicht nur wenige, oft nur 2 Tage, sodass der Körper parallel schon mit der “Verbrennung” von Eiweißen beginnt. Dieses “Tafelsilber des Stoffwechsels” darf aber nicht allzu schnell “verheizt” werden. Deswegen reduziert der Körper die Nutzung der Proteine zur Energiegewinnung nach einigen Fastentagen auf das absolute Minimum.
Ganz einstellen kann der Körper diese Gluconeogenese nicht, denn Glucose muss unbedingt dem Gehirn zugeführt werden. Die Muskeln können auch Fett verbrennen und so steigt die Einschmelzung dieser Reserve messbar an. Auch das ist eine Wirkung des Glucagons und des Adrenalins, das ebenfalls ab dem ersten Tag der Kur verstärkt ausgeschüttet wird.
Der Körper kann Fette nicht in nennenswertem Umfange zu Traubenzucker umwandeln. Beim Abbau der Triglyceride entsteht eine Reihe von Ketonen, zu denen beispielsweise das Aceton gehört, das wir sonst als Lösungsmittel kennen. Daher kommt es beim Fasten schon nach 1 bis 2 Tagen zu dem typischen süßlichen Atemgeruch.
Nach zwei Tagen steigt auch der Serotonin-Spiegel. Das Hormon ist an der Regulation vieler physiologischer Prozesse beteiligt und beeinflusst auch unsere Stimmungslage. Daher empfindet der Fastende besonders in den ersten Tagen der Kur ein Hochgefühl, das ihn durch die anstrengende Einstiegs-Phase trägt.
Mein Heilfasten-Plan
Jetzt wissen Sie, was auf Sie zukommt, Anstrengung und Mühsal einerseits, aber auch positive Körpererfahrungen. Nehmen Sie sich für den Anfang frei, starten Sie am Wochenende, das am besten ein verlängertes sein darf. Eine stressarme Phase ist beim Fasten wichtig.
- Die Entlastungstage haben Sie schon hinter sich. Denn schon ein paar Tage vorher haben Sie auf Genussgifte und schwere Kalorien-Träger wie Zucker verzichtet. Sie haben viel Salate, Joghurt und Obst verzehrt und viel Wasser und Tee getrunken. Das Abendbrot haben Sie eventuell schon ganz weggelassen.
- Am ersten Tag des Fastens führen Sie zunächst eine Darmreinigung mit 40 Gramm Glaubersalz in einem Dreiviertel Liter lauwarmen Wasser durch. Die abführende Wirkung tritt nach etwa einer halben Stunde ein.
- Dann nehmen Sie für 3 Wochen nur noch flüssige Nahrung auf. ich empfehle 2 bis 3 Liter Wasser und Kräutertee sowie zu Ergänzung Gemüsebrühe und Gemüsesaft. Obstsäfte sollten Sie wegen des hohen Gehaltes an Fruchtzucker nicht trinken. Wenn Sie in eine Krise geraten, können Sie den Tee mit etwas Honig süßen.
- Bewegung ist wichtig, gerade auch der gewohnte Sport, allerdings bitte nur mit halber Kraft. Dann rate ich noch zu Wärmeanwendungen wie Leberwickeln und Kneippschen Güssen.
- Nach dem Ende der Kur folgt das Fastenbrechen mit schrittweisem Wiedereinstieg in die feste Kost. Am ersten Tag essen Sie zum Frühstück eine Portion Obst und zum Mittag Gemüsebrühe und eine Scheibe Vollkornbrot mit Butter. Am Nachmittag können Sie nochmal Obst zu sich nehmen und zum Abendbrot eine Scheibe Knäckebrot mit pflanzlichem Aufstrich.
- Am zweiten Tag des Fastenbrechens können Sie zusätzlich Müsli verzehren. Die Gemüsebrühe mittags wird mit einer Pellkartoffel angereichert und nachmittags ein Stückchen zuckerfreies Gebäck. Beim Abendbrot bleiben Sie bitte noch beim Knäckebrot.
- Am dritten Tag können das Frühstück nach Belieben etwas reichhaltiger gestalten. Mittags dürfen Sie schon ein vegetarisches Menü zu sich nehmen und abends Vollkornbrot.
Es ist leicht hingeschrieben, aber schwer zu machen. Deswegen kann ein stationäres Heilfasten in einer Kurklinik sinnvoll sein. Wenn Sie von einem “hohen Nährstoff-Niveau” herunterkommen, halten Sie dort den “Hunger-Schock” besser durch. Zur Betreuung rate ich auch all denen, die an schweren und/oder chronischen Erkrankungen leiden oder nicht zu den jüngeren zählen. Diabetiker sollten besondere Vorsicht walten lassen und keinesfalls auf eigene Faust fasten.
Heilfasten nach Dr. Buchinger
Das von mir empfohlene Heilfasten ist der Methode nach Dr. Otto Buchinger (1878 bis 1966) angelehnt. Buchinger erkannte richtig, dass ein kompletter Nahrungsentzug nicht gesund sein kann. Und so entwickelte er das Tee-Saft-Fasten, das eine minimale Nährstoffaufnahme gewährleistet. Auch Gemüsebrühe sah Buchinger vor, aber auch verdünnte Obstsäfte, von denen ich abrate. Menschen, denen der Eiweißabbau des Körpers nicht gut bekäme, sollten zusätzlich Buttermilch oder Molke aus Kumilch trinken.
Das Molke-Fasten
Auch beim Molke-Fasten wird der Mindest-Bedarf des Körpers an Nährstoffen berücksichtigt. Wer 2 bis 4 Wochen neben Wasser nur Molke trinkt, versorgt sich immerhin mit einem Grundstock an Proteinen, Mineralien und Vitaminen. Beim Molke-Fasten sind zudem Obstsäfte “erlaubt” und natürlich reichlich Wasser.
Das Fasten nach Franz Xaver Mayr
Der Arzt Franz Xaver Mayr (1875 bis 1965) sah als Gastroenterologe bei vielen seiner Patienten die Notwendigkeit zur Darmeinigung und Entschlackung. Neben einer Darmreinigung mit Bittersalz (Magnesiumsulfat) verordnete der Kurarzt den Kranken eine Diät aus trockenen Brötchen und Milch. Schonung und Ruhe während des Fastens war für Mayr ebenso wichtig wie eine Unterweisung im richtigen Essen. Dazu gehört bewusstes Essen und langsamem Kauen in einem ruhigen Speiseraum. Die Kur sollte auch der Einstieg in eine gesündere Ernährung sein.
Die Breuß-Kur
Der Heilpraktiker Rudolf Breuß (1899 bis 1990) entwickelte eine Kur speziell zur Behandlung von Krebs-Patienten. Er vermutete, dass Krebszellen durch den Entzug fester Nahrung abgetötet werden. Deswegen sollten die Schwerkranken für 42 Tage nur Tees und Fruchtsäfte zu sich nehmen. Ich rate davon strikt ab, weil Krebskranke ohnehin schon stark geschwächt sind und gar nicht fasten sollten.
Die Schroth-Kur
Die Schroth-Kur ist strikt salzfrei und sehr eiweißarm. Die Ernährung während der Kur besteht aus rohem oder gedünsteten Gemüse und frischem Obst sowie Kompotten. Kohlenhydrate sind keineswegs verboten, denn es können Volkornbrot sowie Gries- und Reisbrei gegessen werden.
Eine spezielle Trinkordnung sieht neben Tee und Wasser auch den Schrothwein und sogar einen Schrothschnaps vor. Hier kann man nur mit Einschränkungen vom “Fasten” reden. Denn ein Fastenstoffwechsel kann so sicher nicht erzielt werden.
Obst- und Saftfasten
Es existieren auch zahlreiche Variationen des Obstfastens, bei denen nur Obst gegessen wird. Doch Obst enthält zu viel Fruchtzucker, als dass der Körper in den Zustand des Fastenstoffwechsels erreicht. Dasselbe gilt für das Saftfasten, wenn Obstsäfte verwendet werden. Besser ist ein hoher Anteil von Gemüsesäften im Tages-Plan.
Basenfasten
Das Basenfasten dient nicht in erster Linie dem Ziel des Fastenstoffwechsels mit all seinen positiven Effekten. Hier geht es mehr um die Befreiung des Körpers von überschüssigen schädlichen Säuren. Die Nahrungsaufnahme bleibt beschränkt auf Tee, Obst, Gemüse, einschließlich Säften davon sowie Nussfrüchten als Zwischenmahlzeiten.
Wasser- und Teefasten
Zu radikal und wenig empfehlenswert ist die Beschränkung auf Wasser und ungesüßte Tees. Dabei sind zu viele negative Begleiterscheinungen zu erwarten.
Das intermittierende und alternierende Fasten
Das intermittierende Fasten ist keine wochenlange Kur, sondern ein abwechselnd praktizierter Nahrungsentzug und “normalen” Ess-Phasen. Beim 1:0-Modell nach Bernhard Ludwig wird ein Tag gegessen, am Folgetag nicht. Daneben gibt es auch andere Konzepte wie das 5:2-Modell oder Fasten-Perioden von 16 Stunden zwischen den üblichen Ess-Phasen. Dabei wird etwa das Frühstück ausgelassen oder später in den Vormittag verlegt. Ähnlich gestaltet sich das alternierende Fasten, bei dem tageweise eine Reduktions-Kost und Normal-Kost verzehrt wird. Diese beiden Methoden sind geeignete Alternativen für all jene, die keine längere Hungerzeiten durchmachen wollen oder können.
Mehr zum Fasten finden Sie unter www.gesund-heilfasten.de
Beitragsbild: 123rf.com – PAPAN SAENKUTRUEANG
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 9.8.2012 aktualisiert.