Sobald es draußen kalt und ungemütlich wird, haben die Hersteller von frei verkäuflichen Hustenstillern Hochkonjunktur. Fast zehn Millionen Packungen rezeptfreier Hustensäfte gehen jährlich in Deutschland über die Ladentheke.
Grund genug für ein Forscherteam aus Bristol, die Heilkraft dieser Medikamente genauer unter die Lupe zu nehmen. Dazu werteten sie mehr als 300 Studien aus, die sich mit der Wirkung von Hustensäften beschäftigten.
Ihr niederschmetterndes Ergebnis: Nur 15 Arbeiten untersuchten tatsächlich die Wirksamkeit der Produkte an Menschen, bei allen anderen Studien handelte es sich ausschließlich um Labortests.
Von den 15 Untersuchungen wiederum kamen neun zu dem Resultat, dass die Hustenstiller nicht besser wirkten, als Fruchtsäfte ohne jeglichen Arzneistoff. Kein einziges Forscherteam konnte eine durch die Hustensäfte aufgetretene Verbesserung wirklich nachweisen (Schroeder K. & Fahey T.: Should we advise parents to administer over the counter cough medicines for acute cough? Systematic review of randomised controlled trials; Arch Dis Child. 2002; 86(3); S. 170-175 und Systematic review of randomised controlled trials of over the counter cough medicines for acute cough in adults; BMJ. 2002; 324(7333); S. 329-331).
Das Wissenschaftsmagazin „Quarks & Co“ recherchierte, wie es nach der Veröffentlichung der Bristoler Studie weiterging. In dem Beitrag „Wie wirksam sind unsere Medikamente“ beschreibt das WDR-Magazin die Reaktion der Hustensafthersteller, die natürlich von solchen Ergebnissen nichts hören wollten. Sie gaben eine eigene Studie in Auftrag, in der über 90 Prozent aller Kunden mit den Hustenstillern absolut zufrieden waren und eine rasche Besserung bemerken.
2007 gab es dann schon wieder Ärger um die Hustensäfte. Clobutinol, das bei trockenem Reizhusten aufgrund seiner guten Verträglichkeit jahrelang rezeptfrei zum Einsatz kam, wurde vom Markt genommen. So sicher, wie angenommen, ist Clobutinol wohl nicht, denn es kann, in hohen Dosen eingenommen, zu schweren Herzrhythmusstörungen führen (Bellocq C.: A common antitussive drug, clobutinol, precipitates the long QT syndrome 2; Mol Pharmacol. 2004;66(5); S.1093-1102 und nachfolgende Studien des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim).
So bleibt den Hustensaftproduzenten nun nur noch Dextromethorphan als geläufiger Wirkstoff. In geringer Dosierung zeigt es nur selten Nebenwirkungen. Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit und Juckreiz sind allerdings gelegentliche Folgen der Einnahme. In höherer Konzentration wirkt es hingegen ähnlich wie Alkohol und LSD, weshalb es nicht selten als Droge konsumiert wird – die unkalkulierbaren Nebenwirkungen können in solchen Mengen aber beträchtlich sein.
Wie gut, dass passend im selben Jahr, als Clobutinol verboten wurde, ein altbekanntes Naturprodukt als Heilmittel gegen den lästigen Husten ganz neu entdeckt wurde: Buchweizenhonig ist demnach noch etwas wirksamer als Dextromethorphan-haltige Hustensäfte (Paul I.M. et al.:Effect of honey, dextromethorphan, and no treatment on nocturnal cough and sleep quality for coughing children and their parents; Arch Pediatr Adolesc Med. 2007;161(12); S. 1140-1146).
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Doch auch bei diesem Ergebnis sollte man lieber misstrauisch sein. Denn Sponsor der Versuchsreihe war die amerikanische Honigindustrie. Sollen wir also weiterhin Hustensäfte schlucken, es einmal mit Buchweizenhonig probieren oder doch lieber auf die altbewährten Methoden (Inhalieren, viel Trinken und Brustwickel) zurückgreifen?
Diese Frage muss wohl jeder für sich entscheiden, denn wissenschaftlich fundierte Daten gibt es nicht, wie man dem Husten am besten Herr wird.
Damit steht der Husten aber nicht alleine da. Laut „Quarks & Co“ ist bei 30 Prozent der etwa 40.000 in Deutschland zugelassenen Medikamente die Wirkung wissenschaftlich nicht belegt oder umstritten. Und wie wir an dem Fall der Buchweizenhonig-Studie sehen: Selbst bei eindeutigen Ergebnissen sollte man immer auch die Hintergründe der Forschungsarbeit im Auge behalten.
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