Bevor ich auf die “tollen” Wirkungen des Berbreins zu sprechen komme, vorab erst einmal was das ist und wo es vorkommt.
Also: Berberin ist keine Heilpflanze an sich, sodern ein gelbfarbenes Alkaloid, welches in einer Reihe von Pflanzen vorkommt, wie zum Beispiel:
- Berberitze,
- Schöllkraut,
- Gelbwurzel,
- Streifenfarnblättriger Goldfaden,
- Gewöhnliche Mahonie,
- Korkbäume.
Mehr zu den Alkaloiden (was das ist und was die machen), inklusive einem Streifzug über das Berberin finden Sie übrigens in meinem Beitrag: Alkaloide: Anwendung, Wirkung und Nutzen.
Berberin Wirkungen
Dort zitierte ich auch eine Studie, dass Berberin eine Reihe von Wirkungen zu haben scheint, als da sind:
- Anti-bakteriell,
- entzündungshemmend,
- immunmodulierend,
- anti-diabetisch,
- Krebs verhindernd
und noch ein paar mehr.
Berberin soll übrigens auch bei Nahrungsmittelvergiftungen wirken.
Und damit sind wir schon voll im Thema!
Anwendungen von Berberin
Die Substanz kann oral oder auch topisch angewendet werden, wie zum Beispiel bei Wunden. Erhältlich sind Präparate als Tinkturen oder Kapseln. Gastrointestinale Probleme sprechen gut auf Berberin an.
Zu Beginn der Einnahme kann es zur Umstellung der Darmflora kommen und so den Anschein einer darmschädigenden Wirkung hervorrufen.
In diesem Falle ist die Dosierung von dreimal 500 Milligramm am Tag auf 300 Milligramm täglich herabzusetzen, bis die Beschwerden verschwinden.
Bei Fortbestehen des Problems sollte die niedrige Dosierung beibehalten werden. Statt der handelsüblichen Zubereitungen können natürlich auch die Pflanzen verzehrt werden, die Berberin enthalten.
Mit dem Verzehr oder der Einnahme sollte vor einer Mahlzeit begonnen werden, die reich an Kohlenhydraten ist.
Weitere Wirkungen
Es gibt jetzt neuere Arbeiten und Erkenntnisse, die das Potential von Berberin weit über die alten anti-mikrobiellen Fähigkeiten hinaus auszuweiten scheinen.
Ein kurzer Blick auf PubMed zeigt über 4000 Arbeiten, die direkt oder indirekt mit der Substanz zu tun haben.
Der “neue” Aspekt: Das AMPK
Rund 100 Arbeiten seit 2006 behandeln einen neuen Aspekt von Berberin. Und das ist die Fähigkeit, die Adenosin-Mono-Phosphat-aktivierte-Protein-Kinase (AMPK) zu aktivieren.
Es handelt sich hier um ein Enzym, das auch als „metabolischer Hauptschalter“ bezeichnet wird. Grund hierfür ist seine zentrale Rolle bei metabolischen Prozessen der Zelle.
AMPK induziert (veranlasst) nämlich eine Kaskade an Ereignissen innerhalb der Zelle, die alle am Erhalt der Energie-Homöostase beteiligt sind.
Das Enzym reguliert hier verschiedene biologische Aktivitäten, die die Stabilität von Lipid-, Glukose- und Energiestoffwechsel bestimmen. Werden diese AMPK-regulierten Aktivitäten unterbrochen, mündet dies in dem Auftreten des metabolischen Syndroms, welches wiederum unphysiologisch hohe Blutzuckerspiegel, Diabetes, abnormale Lipidwerte und Energieverlust umfasst.
Interessant ist, dass AMPK die physiologisch notwendige Reaktion auf diese Stressfaktoren zu koordinieren scheint. Es leitet die vorhandenen Energiereserven um in Richtung Zellreparatur, Regeneration und Zell-Homöostase, was die Wahrscheinlichkeit des Überlebens signifikant erhöht.
Übrigens: Wenn Sie solche Informationen interessieren, dann fordern Sie unbedingt meinen Heilpflanzen-Newsletter dazu an. Darin geht es im Wesentlichen um Heilpflanzen, aber auch um Bachblüten oder Homöopathische Mittel:
Jetzt wird´s spannend:
Leptin und Adiponektin (daneben auch Adenosinmono-Phosphat, Name!) aktivieren AMPK. Oder mit anderen Worten: Die Aktivierung von AMPK scheint die gleichen Vorteile zu erzeugen wie körperliche Aktivität, Fasten und Gewichtsreduktion.
Die Blockade von AMPK dagegen erzeugt alle die Nachteile, die wir von einer kohlehydratreichen Ernährung her kennen verbunden mit einem gleichzeitigen Mangel an körperlicher Aktivität.
Resveratrol ist übrigens eine weitere Substanz, die AMPK aktivieren kann.
Die Adenosin-Mono-Phosphat-aktivierte-Protein-Kinase ist ein Nährstoffsensor der Zelle, der auch von Diabetesmedikamenten wie Metformin beeinflusst wird. Wie es den Anschein hat, ist dieser Sensor besonders wichtig für die physiologischen Wirkungen, die vom Berberin ausgehen.
Wirkungsweise
Wie gesagt, Berberin aktiviert AMPK in Abhängigkeit von der Dosierung.
Wie Berberin dies bewerkstelligt, ist noch nicht vollkommen verstanden worden. Es gibt Hinweise, dass der Komplex I der mitochondrialen Elektronentransportkette gehemmt wird, was auch bei der Gabe von Metformin und Rosiglitazon geschieht. Dies erklärt den blutzuckersenkenden Effekt von Berberin.
Die AMPK-Aktivierung durch Berberin bewirkt zudem in den Leberzellen eine Hemmung der Cholesterin- und Triglyzeridsynthese.
Eine Reihe von weiteren Untersuchungen hat gezeigt, dass die Aktivierung auch in anderen Körperzellen stattfindet, wie den Fett-, Skelettmuskel- und Nervenzellen.
Einfluss auf Telomere – Anti-Aging
Und in diesem Zusammenhang ist es interessant, dass AMPK auch die Telomere zu beeinflussen scheint.
Durch die Bindung mit dem Enzym Telomerase kommt es zu einem Wachstumsstopp der Zelle, was für die Behandlung von Krebserkrankungen interessant ist.
Man diskutiert jetzt auch die Frage, die inzwischen auch bei der Kalorienrestriktion diskutiert wird: Könnte Berberin auch in der Lage sein, über diesen Mechanismus die Lebenserwartung zu verlängern? Bislang gibt es in dieser Richtung noch keine Erkenntnisse.
Studienüberblick und Indikationen
Wie eingangs bemerkt, gibt es eine große Zahl an Veröffentlichungen zum Berberin. Zur Frage „Berberin und Diabetes“ gibt es eine Reihe von interessanten Arbeiten:
Treatment Of Type 2 Diabetes And Dyslipidemia With The Natural Plant Alkaloid Berberine
Diese doppelblinde Studie mit 116 Typ-2-Diabetikern beiderlei Geschlechts zeigte nach einer Beobachtungszeit von drei Monaten und einer Dosierung von 1 g Berberin täglich, dass Triglyceride und der Nüchternblutzuckerwert signifikant unter Berberin gesenkt werden konnte.
Gesamtcholesterin und LDL-Cholesterin nahmen ebenfalls ab. Die Insulinempfindlichkeit nahm bei den Patienten zu, was aber aus statistischer Sicht keine signifikanten Ausmaße annahm.
Berberine In The Treatment Of Type 2 Diabetes Mellitus: A Systemic Review And Meta-analysis
Diese Metaanalyse mit knapp 1070 Teilnehmern und einer täglichen Dosierung von Berberin zwischen 0,5 und 1,5 Gramm pro Tag für die durchschnittliche Behandlungsdauer von 12 Wochen zeigte leichte bis mittel ausgeprägte Verbesserungen aller Glukose- und Lipidparameter. Die Effekte waren mit den klassischen Präparaten der Schulmedizin vergleichbar.
Efficacy Of Berberine In Patients With Non-Alcoholic Fatty Liver Disease
In dieser Studie wurde die Wirksamkeit von Berberin bei Patienten mit einer nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung untersucht. Die 184 Teilnehmer wurden in drei Gruppen aufgeteilt, die 16 Wochen behandelt wurden: Gruppe A mit Veränderungen von Lebens- und Ernährungsgewohnheiten als einzige Maßnahme; Gruppe B diese Veränderungen plus 15 mg Pioglitazon täglich; und Gruppe C mit Veränderungen von Ess- und Lebensgewohnheiten plus 0,5 g Berberin dreimal täglich.
In Gruppe C sahen die Autoren eine signifikante Verbesserung von Leberverfettung, BMI, HOMA-IR, Gesamtcholesterin und Triglyceriden im Vergleich zur Gruppe A. Berberin zeigte sich auch deutlich effektiver bei der Reduzierung von Körpergewicht und bei der Verbesserung des Lipidprofils als Pioglitazon.
Effect Of Berberine Administration On Metabolic Syndrome, Insulin Sensitivity, And Insulin Secretion
Eine eher kleine Studie mit nur 24 Teilnehmern in einem randomisierten, mit Placebo kontrolliertem Setup über die Dauer von 3 Monaten. Die Teilnehmer erhielten dreimal täglich 500 Milligramm Berberin oder Placebo. Resultate: Nur die Frauen unter den Teilnehmern in der Verumgruppe zeigten eine Abnahme des Bauchumfangs.
Systolischer Blutdruckwert, Triglyceride, Glukose- und Insulinkonzentrationen und Matsuda Index zeigten im Vergleich zu Placebo eine signifikante Verbesserung. Der Matsuda Index ist ein Parameter, der die Insulinempfindlichkeit beschreibt.
Effects Of Berberine On Lipid Profile In Subjects With Low Cardiovascular Risk
Studiendesign: Randomisierte Studie mit Einlaufphase über 6 Monate mit 144 Teilnehmern.
Nach einer „Run-in-Phase“ von 6 Monaten mit einer Veränderung von Ernährungs- und Lebensgewohnheiten wurden die Teilnehmer, die alle unter einem „zu hohen“ Cholesterinwert litten, randomisiert in eine Verum- und eine Placebogruppe aufgeteilt. Die Verumgruppe erhielt zweimal täglich 500 Milligramm Berberin für die folgenden 3 Monate, die Placebogruppe ein entsprechendes Placebo, begleitet von Messungen des Lipidprofils, anthropometrischen Messungen und Leberfunktionstests.
Danach stoppte die Behandlung mit Berberin und Placebo für die Dauer von 2 Monaten und alle Messungen wurden nochmals durchgeführt, gefolgt von einer weiteren 3-monatigen Behandlungsperiode und den entsprechenden Messungen.
Nach diesem etwas komplizierten Aufbau des Studienablaufs beobachteten die Autoren eine deutliche Abnahme von Gesamtcholesterin, Triglyceriden und LDL-Cholesterin unter Berberin, bei einer gleichzeitigen Steigerung von HDL-Cholesterin im Vergleich zu Placebo.
Diese doppelblinde, randomisierte Studie mit 156 Teilnehmern, die an einer Kardiomyopathie litten, erhielten zusätzlich zur Standardtherapie 1,2 bis 2 Gramm Berberin oder ein Placebo. Nach 8 Wochen Behandlungsdauer wurden kardiale Funktionen und die Lebensqualität ermittelt.
Resultate: Die kardialen Funktionen verbesserten sich deutlich unter Berberin. Die Ausdauer bei körperliche Aktivität war in der Verumgruppe ebenfalls deutlich verbessert. Arrhythmien waren deutlich seltener und die Lebensqualität zeigte sich in der Verumgruppe ebenfalls signifikant erhöht. Es zeigte sich auch eine signifikante Abnahme der Mortalität in der Verumgruppe (7 gegen 13).
Interaktionen
Berberin hemmt teilweise das Enzym CYP3A4, einem Mitglieder Cytochrom-Familie. Dieses Enzym befindet sich hauptsächlich in der Leber und im Gastrointestinaltrakt und oxidiert hier körperfremde organische Moleküle (Xenobiotika), wie sie in Toxinen und Medikamenten vorkommen. Cyclosporin zum Beispiel kann durch Berberin in seiner Bioverfügbarkeit verstärkt werden, was bei einer fehlenden Dosisanpassung zu beträchtlichen Nebenwirkungen führt.
Berberin zeigt auch Interaktionen mit Warfarin, Thiopental (Schlafmittel) und Tolbutamid (Antidiabetikum), indem Berberin sie von den Wirkrezeptoren verdrängt und die Toxizität der Substanzen erhöht. Makrolide Antibiotika, wie Clarithromycin, Erythromycin etc., können ebenfalls von Berberin beeinflusst werden und in schweren kardialen Problemen enden. Grund hierfür liegt ebenfalls in der Beeinflussung der Metabolisierung der Antibiotika durch die Hemmung von Cytochromen durch Berberin.
Fazit
Berberin hat eine inzwischen sehr gute Dokumentation, die zeigt, dass die Substanz bei einer Reihe von gesundheitlichen Problemen, besonders aber bei Diabetes, gute Dienste zu leisten vermag. Aufgrund der Interaktionen mit Medikamenten jedoch sollte man einen Einsatz überprüfen, ob sich hier nicht „unliebsame Überraschungen“ einstellen können.
Beitragsbild: 123rf.com – subbotina