Stress, Überforderung oder nervöse Anspannung – die Gründe für nächtliche Schlafstörungen sind vielfältig. Häufig greifen Betroffene zu frei käuflichen Schlaftabletten, zum Beispiel zu Hoggar Night, um die Beschwerden zu lindern.

Doch selbst der Hersteller STADA weist darauf hin, dass die Tabletten nicht zur Langzeitbehandlung geeignet sind. Grund dafür ist die lange Liste von Nebenwirkungen. Die Gefahr einer Abhängigkeit wird allgemein für gering gehalten, wird aber auch nicht ausgeschlossen.

Wirkstoff und Wirkungsweise von Hoggar Night Schlaftabletten

Bei Hoggar Night handelt es sich um ein Medikament gegen Schlafstörungen, das den Wirkstoff Doxylamin enthält. Dieses Ethanolamin hemmt durch Rezeptor-Blockade das Gewebshormon Histamin und wird daher als “Antihistaminikum” bezeichnet. Histamin hat eine Reihe von physiologischen Wirkungen auf das Zentral-Nerven-System, die Bronchien und den Kreislauf, einschließlich der Kapillaren. Die Hauptrolle spielt der Botenstoff in der Auslösung von Entzündungs-Reaktionen.

Doxylamin kann die antiinflammatorische Wirkung demnach abschwächen und wird daher seit langem als Mittel gegen allergische Beschwerden eingesetzt. Eine der Nebenwirkungen des Antihistaminikums ist die fast immer einsetzende Müdigkeit, weil uns der Botenstoff Histamin auch wach hält. Hoggar Night wirkt  bereits nach einmaliger Anwendung sofort schlaffördernd.

Nun lässt sich ein Medikament mit nur einer Indikation nicht so gut verkaufen wie ein Mittel mit mehreren Wirkungen. Deswegen sind Pharma-Unternehmen stets bemüht, das Indikations-Spektrum von Arzneimitteln auszuweiten. Und so wurde irgendwann die unerwünschte Nebenwirkung „Müdigkeit“ zu einer Hauptwirkung erklärt und auch behördlich dafür abgesegnet. Auf diesem Wege kam es dazu, dass viele Menschen heute ein Antiallergikum gegen Schlafstörungen einnehmen.

Dabei schlafen die Patienten durchaus besser ein, wie Studien belegen: Die Einschlafzeit verkürzt sich und die Schlafqualität wird verbessert. (Schulz, H., Geisler, P.,Rodenbeck, A. (Hrsg.), Kompendium der Schlafmedizin. ecomed Medizin Verlag, Landsberg 2008. Ein Beitrag der Pharmazeutischen Zeitung (https://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=29053) weist jedoch darauf hin, dass Doxylamin nicht nur die Histamin-, sondern auch die Acetylcholin-Rezeptoren der Nervenzellen blockiert. Die daraus resultierenden Nebenwirkungen halten die Autoren für „problematisch“.

Nebenwirkungen, Gegenanzeigen, Wechselwirkungen, Dosierung und Überdosis

Zu den Nebenwirkungen, die auftreten können, zählen Depressionen, Krampfanfälle,  KopfschmerzenKonzentrationsstörungen, Tinnitus, Herz-Rhythmus-Störungen, Leberschäden, Atem-Probleme durch verengte Bronchien, Muskelschwäche, Lähmung der Darm-Muskulatur, Bluthochdruck oder Blutdruckabfall, Blutzellschäden, erschwertes Wasserlassen bis zum kompletten Harnverhalt, gestörte Regulation der Körpertemperatur, Sehstörungen, Erhöhung des Augeninnendruckes,  Magen- und Darmbeschwerden  sowie verstärkte Sensibilität der Haut gegen UV-Strahlen.

Zu den möglichen sogenannten “paradoxen Wirkungen“ von Hoggar Night gehören Agitiertheit, Schlaflosigkeit, Alpträume, Tremor, Desorientiertheit und Halluzinationen. Wenn Hoggar Night nach länger andauernder regelmäßiger Einnahme abgesetzt wird, leiden die Konsumenten oft an stärkeren Schlaf-Problemen als vor der Anwendung. Dies spricht für einen Gewöhnungs-Effekt, der in die Sucht führen kann. Zwar wird immer wieder bekräftigt, dass Doxylamin keine körperliche Abhängigkeit hervorruft. Die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit wird dabei vernachlässigt, obwohl dies bei der Entstehung einer Sucht die Hauptrolle spielt.

Äußerste Vorsicht und ärztlicher Rat sind geboten bei Herzkrankheiten, Hypertonie, Asthma, Leberkrankheiten, Hirnschäden und der Reflux-Krankheit. Auf gar keinen  Fall darf das Medikament eingenommen werden bei Intoxikationen mit Alkohol oder Pharmaka,  Epilepsie, akutem Asthma-Anfall, Nebennieren-Tumor, gutartiger Prostata-Vergrößerung und grünem Star. Kinder, Jugendliche sowie schwangere und stillende Frauen sollten Hoggar Nigth vorsichtshalber nicht anwenden.

Die Einnahme bestimmter Medikamente ist ebenfalls eine Kontraindikationen für die Einnahme von Hoggar Night. Zu diesen Mitteln zählen viele Psychopharmaka, Anti-Parkinson-Mittel (Anticholinergika), Antihypertonika und einige Antidepressiva (Monoaminoxidasehemmer) sowie Medikamente zur Vermeidung von epileptischen Anfällen.

Hoggar night wird eine halbe Stunde bis maximal eine Stunde vor dem Schlafengehen unzerkaut mit etwas Wasser eingenommen. Nach der Einnahme sollte direkt die Schlafstätte aufgesucht werden. In der Regel reicht die Einzeldosis von einer Tablette aus, bei stärkeren Schlafstörungen soll diese auf maximal zwei Tabletten erhöht werden. Die Höchstmenge beträgt 50 mg Doxylamin pro Tag.

Eine Überdosis ist häufig an den erweiterten Pupillen des Betroffenen zu erkennen, als Folgeerscheinungen treten auch Atemdepression, Unruhe und Muskelzucken auf, sehr hohe Dosen können zu Herz-Kreislauf-Stillstand und Bewusstlosigkeit führen.

Als Gegenmaßnahme werden meist Magenspülungen mit Aktivkohle durchgeführt, die den Wirkstoff aufnehmen und binden.

 

Erfahrungen mit Hoggar Night

Viele Patienten fürchten bei der Anwendung von chemischen Schlafmitteln einen Gewöhnungseffekt. Das haben vor allem Menschen erfahren, die Hoggar Night länger und regelmäßig eingenommen hatten (https://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=29053).

Zusätzlich befürchten Anwender, dass bei der Anwendung von chemischen Schlaftabletten ein sogenannter “Hang-over” – Müdigkeit und Konzentrations-Störungen am nächsten Tag – auftreten könnte.

Um diese unerwünschte Wirkung bei der Einnahme von Hoggar zu verhindern, hat es sich bewährt, die Einnahme so zu gestalten, dass die Einnahme wenigstens acht Stunden vor der geplanten Aufstehzeit erfolgt.

Dann steht dem Körper während der Nacht eine ausreichend lange Erholungsphase zur Verfügung, die den Hangover-Effekt verringert. Gleichzeitig sollte nachts niemals nachdosiert werden.

Fazit

Hoggar Night, sollte, wenn überhaupt, nur punktuell in besonderen Situationen kurzfristig eingesetzt werden. Beispielsweise in temporären Stress-Situationen, Schlafveränderungen im Urlaub oder bei Ortswechsel. Im Grunde ist ein Antiallergikum kein geeignetes Mittel, um Schlaf-Probleme zu bewältigen.

Bei langfristigen Beschwerden sollte zunächst eine eventuelle organische Ursache ausgeschlossen und anschließend die Schlafhygiene verbessert werden. Hierzu gehören beispielsweise die Erhöhung des Schlafdrucks (durch mehr Bewegung, kein Fernsehen im Bett und Modifizieren des Mittagsschlafes), der Verzicht auf anregende Genussmittel am Abend und auch die Schaffung eines angenehmen Schlafklimas sowie die Förderung von schlafanstoßenden Ritualen.

Sind die Beschwerden nervös bedingt, helfen pflanzliche Medikamente, die beispielsweise Melisse und Passionsblume enthalten, bei allgemeinen Einschlafstörungen lohnt sich hingegen der Versuch mit Baldrianpräparaten, bei Durchschlafstörungen und nächtlichem Aufwachen ist vor allem Hopfen geeignet.

Erfahrungen zeigen, dass bereits mit derartigen Maßnahmen die Problematik signifikant verbessert werden kann.

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Beitragsbild: 123rf.com – Sergey-Nivens

Dieser Beitrag wurde letztmalig am 17.07.2022 aktualisiert und ergänzt.

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