Bei der Haarmineralanalyse, auch oft einfach als Haaranalyse bezeichnet, handelt es sich um eine chemische Analyse von Haarproben.
Denn Haare haben die Eigenschaft, eine Reihe von körperfremden Substanzen in deutlich höheren Konzentrationen zu speichern als dies in anderen Gewebeteilen der Fall ist.
Da diese Einlagerungen erfolgen so lange die Haare wachsen, geben die Haaranalysen Auskunft über wesentlich längere Zeiträume als vergleichbare Blutanalysen. Denn unerwünschte Substanzen im Blut werden vom Organismus so schnell wie nur möglich eliminiert – sei es über die Ausscheidung über Nieren und Leber oder durch Einlagerung ins Fettgewebe und in die Haare. Auf diese Art und Weise werden die (noch) nicht ausgeschiedenen Fremdsubstanzen neutralisiert.
Abb.1: was kann eine Haarmineralanalyse leisten?
Die Einlagerung in die Haare ist eine besondere Form der „Ausscheidung“, da die Substanzen sich nicht mehr im, sondern am Körper befinden und durch das Abfallen oder Abschneiden der Haare dann endgültig entfernt werden.
Haare sind prädestiniert für die Aufnahme exogener Substanzen, nicht zuletzt weil die Zellen, aus denen die Haare hervorgehen, einen deutlich höheren Stoffwechsel haben als eine durchschnittliche Körperzelle.
Diese Zellen wachsen und teilen sich schneller als der Durchschnitt. Daher benötigen sie auch ein deutliches Mehr an Nährstoffen. Liegen im Blut aber unerwünschte Stoffe vor, werden diese ebenfalls vermehrt in die neu entstandenen Zellen „geschwemmt“ und dort aufgenommen.
Der typische Ablauf des Haarwachstums
Das Wachstum fängt nur wenige Millimeter unter der Hautoberfläche im Haarfollikel an. Es kommt zur Bündelung von hornbildenden Zellen, was in der Bildung von Keratinfasern endet.
Diese wandern in Richtung Außenhaut (Epidermis) und erzeugen den Haarschaft, der im Follikel immer weiter in Richtung Außenhaut wandert. Nach weniger als zwei Wochen ist es dann so weit und die Epidermis ist erreicht – das Haar hat „das Licht der Welt erblickt“.
Während des Wachstums werden immer wieder die Substanzen in das wachsende Haar eingelagert, die gerade von der Blutversorgung „angeboten“ werden. Ein mal im Haar gibt es kein Zurück mehr für die eingelagerten Substanzen.
Auf diese Weise bleiben sie für eine Analyse erhalten, selbst nach Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden nach dem Ableben des „Eigentümers“. Selbst das Waschen, Tönen etc. von Haaren ist nicht in der Lage, die eingelagerten Substanzen vollständig zu entfernen.
Die heute verwendeten Analysemethoden sind so empfindlich, dass sie in der Lage sind, auch Spuren dieser Substanzen im Haar problemlos zu bestimmen und einzuordnen. Die einzigen Probleme bei der Haaranalyse kann die Quantifizierung von Substanzen werden, wenn es darum geht, die zugeführten Mengen an bestimmten Substanzen zu bestimmen.
Analyseverfahren
Es herrscht immer noch der Glaube, dass die Analysen von Substanzen im Körper oder, wie in diesem Fall, in den Haaren so abläuft, wie wir es aus den Science-Fiction-Filmen her kennen:
Das zu analysierende Objekt wird in eine Maschine gestopft, bei der dann möglichst viele Lämpchen flackern und nach ein paar Minuten spuckt diese Maschine einen Bericht aus, auf dem alle Substanzen aufgeführt sind, die im Haar, Blut etc. vorkommen. Das ist in der Tat reines Scienc-Fiction.
Der Laboralltag heute sieht so aus, dass es eine Palette an analytischen Verfahren gibt, die nur bei bestimmten Stoffen, die man nachweisen möchte, zum Einsatz kommen. Das zu bestimmende Element beziehungsweise die gesuchte Substanz bestimmt, welches Analyseverfahren zum Einsatz kommt.
Werden mehrere Substanzen gesucht, kommen auch in mehreren Analysedurchgängen verschiedene Verfahren zum Einsatz. Daher ist eine Analyse auf mehrere Substanzen eine arbeitsintensive und langwierige (und auch teure) Angelegenheit.
So kommt beispielsweise bei einer Analyse auf Schwermetalle die Massenspektrometrie zum Einsatz. Will man aber die Existenz von Betäubungsmitteln bestimmen, dann werden Chromatographie und Massenspektrometrie zusammen verwendet.
Anwendungsgebiete
Die Haaranalyse erfreut sich heute großer Beliebtheit in der Rechtsmedizin. Denn mit ihrer Hilfe lassen sich relativ problemlos und zuverlässig Sucht- und Arzneimittel bestimmen.
Wie bereits erwähnt würde eine Blutkontrolle zu negativen Ergebnissen führen, auch wenn in der Vergangenheit zum Beispiel ein extensiver Drogen- oder Medikamentenmissbrauch vorgelegen hätte. Dieser kann über die Haaranalyse nachgewiesen werden.
Ein prominentes „Opfer“ dieses Verfahrens war der Fußballtrainer Christoph Daum, der sogar selbst eine Haaranalyse in Auftrag gegeben hatte, um sich von dem Vorwurf des Kokainkonsums „reinzuwaschen“.
Während im Kopfhaar keine Spuren von Kokain nachgewiesen werden konnten, zeigten sich dagegen Spuren des Rauschgifts in den wesentlich langsamer wachsenden Haaren aus dem Achsel- und Schambereich.
Die Haaranalyse eignet sich auch für eine DNA-Analyse, wie sie zum Beispiel bei Vaterschaftsgutachten üblich ist. Hier werden allerdings nicht nur das Haar, sondern auch die Haarwurzel benötigt. Denn nur die Wurzeln enthalten DNA-Material für die Auswertung.
Doping, langjähriger Alkoholmissbrauch, Anabolikamissbrauch, Schadstoffbelastungen und so weiter sind weitere Anwendungsgebiete, für die die Haaranalyse sich besonders gut eignet.
Wie gut die Haare in der Lage sind, Substanzen, die im Körper eines Menschen vorgekommen sind, zu konservieren und damit der Haaranalyse zugänglich zu machen, zeigt das Beispiel des Mannes vom Hauslabjoch, besser bekannt als „Ötzi“.
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Die Gletschermumie ist über 5000 Jahre alt. Die Analyse der Haare ergab, dass dieser sich überwiegend vegetarisch ernährt hatte. Hierzu gab es einen sehr guten Beitrag des des HelmholtzZentrums München: Human-Biomonitoring: Haaranalyse als Methode, der aber leider nicht mehr online ist. Dort konnte man u.a. lesen:
“Auf individueller Basis ist die Aussagekraft von Haaranalysen aus folgenden Gründen jedoch sehr begrenzt:
a) Art und Umfang der Inkorporation von Stoffen aus dem Blut ins Haar sind trotz zahlreicher Untersuchungen immer noch wenig bekannt.
b) Häufig findet man keine oder nur schwache Korrelationen zwischen dem Gehalt einer Substanz in Haaren und dem in Blut/Urin oder Organen.
c) Oft sind keine Zusammenhänge zwischen hohen Stoffkonzentrationen in Haaren und gesundheitsschädlichen Effekten bekannt.
d) Es ist sehr schwierig, zwischen dem endogenen und exogenen Anteil einer Substanz zu unterscheiden. Dies trifft für alle Stoffe zu, die als äußere „Verunreinigung“ zum Beispiel in der Luft, in Pflegeprodukten und Kosmetika und im Wasser (Leitungswasser, Regenwasser, Badewasser) vorkommen können.
e) Es existieren keine für alle Labors verbindlichen Richtlinien zur Probennahme und der zu berücksichtigenden Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Ethnie, Wohnort, Ernährung, Lebensstil, Medikamenteneinnahme,
Haartyp, Haarfarbe und Haarbehandlung.
f) Es gibt bisher keine Qualitätssicherungsmaßnahmen. Regelmäßige Ringversuchsprogramme wären zur externen Qualitätskontrolle von Haaranalysen jedoch unabdingbar. Untersuchungen haben gezeigt, dass insbesondere kommerzielle Anbieter häufig unzuverlässige Ergebnisse liefern.Die US-amerikanische Agency for Toxic Substances and Disease Registry (ATSDR) hat daher schon im Jahr 2001 festgestellt, dass eine Haaranalyse – mit Ausnahme der Methylquecksilber-Bestimmung – nicht geeignet ist, eine individuelle Schadstoffbelastung zu erfassen.”
Durch eine Haaranalyse bei Napoleon konnte gezeigt werden, dass dieser im Laufe seines Lebens öfters mit Arsen in Berührung gekommen sein muss. Ob es sich hier um eine unwissentliche Aufnahme oder um eine gezielte Vergiftung handelt, konnte nicht geklärt werden.
Problemkind Haaranalyse
Bei der Haaranalyse gibt es aber auch Probleme. Und dieses Problem betrifft die Zuverlässigkeit der Ergenisse einer Analyse. Im Jahr 2004 untersuchte die Stiftung Warentest eine Reihe von kommerziellen Laboren, die Haaranalysen in ihrem Leistungskatalog anboten.
Das Ergebnis der Warentester war (gelinde gesprochen), vernichtend. Denn die Ergebnisse der Analysen schwankten so stark von Labor zu Labor, dass man keine eindeutigen Ergebnisse mehr in den Händen hielt.
Aber nicht nur die Ergebnisse einer Person waren je nach Labor unterschiedlich. Auch eine mehrfache Bestimmung in einem Labor von der selben Person führte immer wieder zu verschiedenen Ergebnissen für genau diese Person.
Dazu kommt noch, dass die verschiedenen Labore verschiedene „Normalwerte“ angaben. Leider ist bislang vollkommen unbekannt, wieviel von welcher Substanz im Haar vorkommt, damit dieser Wert als „normal“ zu bezeichnen ist. Die Labore konnten auch keine übereinstimmenden Ergebnisse bei einer Schadstoffanalyse gewinnen.
Damit ist der diagnostische Wert einer “Haarmineralanalyse”, besonders wenn es um die Quantifizierung von Substanzen geht, für therapeutische Verfahren als nur sehr eingeschränkt zu bewerten.
Fazit
Bei Verdacht auf Schwermetallbelastungen rate ich generell zu einer Haarmineralanalyse. Ich sichere die Ergebnisse aber durch andere (weitere) Tests ab.
Bildquelle: fotolia – m_dinler
Beitragsbild: 123rf.com – subbotina
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 13.7.2017 aktualisiert.